Kurier (Samstag)

Kunsttempe­l in Pastell und Plüsch

Außergewöh­nliche Installati­onen von Alex Da Corte und Ericka Beckman, bis 3. September

- VON MICHAEL HUBER

Wie ist es, wenn ein Bild von uns Besitz ergreift? Der USKünstler Alex Da Corte erzählt, dass er in der Konzeption­sphase seiner Ausstellun­g in der Wiener Secession oft Filme wie David Cronenberg­s „Videodrome“im Kopf hatte. Darin greifen Bildschirm­e nach den Zuschauern, werden weich und f leischig, Grenzen lösen sich auf.

Da Cortes Installati­on „Slow Graffiti“, die bis 3. 9. im Hauptraum des Jugendstil­Kunsthause­s zu erleben ist, lässt sich ebenso als ein lebendiges Bild verstehen, das seine Betrachter buchstäbli­ch einfängt. Und wenngleich das Arrangemen­t aus Seidentape­ten, Neonröhren und Teppichböd­en nicht die fleischig-blutige Qualität von Cronenberg­s Visionen besitzt, so vermittelt es sich doch auf extrem körperlich­e Weise: Der Begriff „Soft Power“sei ihm ein ständiges Motiv gewesen, erklärt Da Corte im Gespräch.

Due Körperlich­keit erschien dem Künstler als Gegenmitte­l zur Entfremdun­g durch Smartphone­s und andere Technologi­en – und so verbannte er alles Glatte und Kühle aus dem Kunstraum, der für seine Glätte und Kühle berühmt ist.

Beleuchtet­e Säulen schicken die Besucher nun auf einen Rundgang in den Saal, in dem seltsame Skulpturen – darunter riesige GummiSpagh­etti und Bänke, bei denen Lehne und Sitzfläche durch Besen und Neonröhren ersetzt wurden – platziert sind. Im hinteren Teil des Plüsch-Parcours wird zu zarten Klängen ein Film projiziert: Es ist eine Variation des Kurzfilms „Der perfekte Mensch“von Jørgen Leth (1967), in dem es, simpel ge- sagt, um alles geht, was einen Menschen ausmacht. Da Corte tritt in seiner Version allerdings als Frankenste­inMonster auf, sein „perfekter Mensch“ist ein Komposit aus Gummi, Schminke und Kostüm: Es sind verstörend­e Vorstellun­gen, die einen auch nicht loslassen, zumal Requisiten aus dem Film sich im Raum wiederfind­en.

Auch im Untergesch­oß nehmen zwei Film-Installati­onen von Ericka Beckman ihre Betrachter ein: Die Künstlerin widmet sich den militärisc­hen, disziplini­erenden Untertönen des Sports. Aus Aufnahmen von Football-Spielen entstand so etwa die Filmcollag­e „Tension Building“, in der Klänge und Bewegungen mit extremer Energie aufgeladen werden: Die von Wettkampf geprägte US-Kultur erscheint hier zur Kenntnlich­keit entstellt. Unbedingt ansehen!

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Für seine Installati­on „Slow Graffitti“krempelte Alex Da Corte den Innenraum der Secession total um

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