Personalmangel bei Exekutive: Polizisten sollen den Präsenzdienst schwänzen dürfen Der ständige Streit um Summe der aktiven Polizisten Raubserie auf Seniorinnen: Die Polizei hat eine konkrete Spur
Hintergrund.
Für die Exekutive ist es nach wie vor schwer, geeignetes Personal zu finden. „Wir müssen mindestens zehn Bewerber testen, um einen potenziellen Polizisten zu bekommen“, berichten Ausbildner. Besonders der Deutschtest ist eine Hürde, aber auch die sportlichen Limits. Dabei wurden seit 2010 die Anforderungen schrittweise heruntergeschraubt – zunächst wurde Zivildienern der Eintritt in die Exekutive ermöglicht (2010), dann wurden Grenzen bei Alter und Größe (2012) abgeschafft und ab August sind auch Tätowierungen kein Grund mehr für eine Ablehnung. Seither wächst das Interesse am Polizeidienst, auch wenn es noch immer zu wenige geeignete Kandidaten gibt.
Vor knapp zwei Wochen ließ Vorarlbergs Landespolizeidirektor HansPeter Ludescher mit dem Vorschlag aufhorchen, dass Polizisten nicht mehr zum Präsenzdienst müssen. Betont wird im Innenressort, dass Exekutivbeamte selbst im Kriegsfall nicht mehr eingezogen werden können.
200 Zivildiener
Somit ist der Präsenzdienst für einen Polizisten eigentlich eine verlorene Zeit, Exerzieren und Waffenkunde lernt man auch bei der Polizei in der Ausbildung. Rund 200 Ex-Zivildiener sind laut Angaben des Innenministeriums aktuell in der Ausbildung – und können das wohl bestätigen. Auch jene 12 Pro- zent Frauen, die Dienst an der (Polizei-)Waffe versehen. Am Freitag kam dazu Rückenwind von Innenminister Wolfgang Sobotka, der in den Vorarlberger Nachrichten ankündigte, dass „Landeshauptmann Wallner den Vorschlag in die Landeshauptleutekonferenz einbringen wird und wir werden uns in der nächsten Regierung damit befassen“.
Damit soll der Vorschlag aus dem Wahlkampf und den ständigen Anfeindungen zwischen Verteidigungsund Innenressort herausgehalten werden. In bei den Mi- nisterien nahmen deshalb auch nicht mehr die Politik, sondern die höchsten Beamten Stellung zum Vorschlag: „Wenn jemand den Entschluss fasst, zur Polizei zu gehen, sollte er auch gleich die Gelegenheit dazu haben und nicht zwingend einen Umweggehenmüssen“, sagte der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler. „Der Erlass des Wehrdienstes für Polizisten wurde schon in der Vergangenheit praktiziert. Damals wurde die Wehrpflicht bis zum 35. Geburtstag ausgesetzt und erst danach erlassen. Auch damals kam es zu keinen Personalproblemen beim Bundesheer.“
Generalstabschef Othmar Commenda ortet hingegen ein Wahlkampfmanöver: „Es überrascht mich, dass dieser Vorschlag gerade von jener Partei kommt, die heftig dafür gekämpft hat, die Wehrpflicht zu erhalten. Die Wehrpflicht war schon einmal Thema in einem Wahlkampf. Das Ergebnis ist bekannt.“Commenda zeigte sich in einer Aussendung „überzeugt, dass der Vorschlag nach der Wahl wieder in die Schubladen zurückkehrt.“ Zahlenspielereien. „Alarm – dem Land fehlen 803 Polizisten“oder „In Österreich sind zu wenige Polizisten im Einsatz“lauteten diese Woche wieder einmal die Schlagzeilen. Seit Jahren tobt der heftige Streit darum, wie viele Polizisten tatsächlich aktiv sind und wie viele auf ihrem Platz sitzen. Das Dienstmodell ist so, dass man es unterschiedlich auslegen kann: Der Knackpunkt sind die sogenannten Planstellen. Ein fiktives Beispiel: In der Polizeiinspektion am Grazer Lendplatz sind 20 Posten für Polizisten geschaffen. Zwei wechseln zur „Cobra“und versehen dort ihren Dienst. Laut Postenplan sind sie dennoch in Graz. Ein Grund ist, dass bei der „Cobra“Leistungstests bestanden werden müssen und die Beamten, wenn sie die vorgegebenen Limits nicht erreichen, wieder an ihre Dienststelle zurückkommen können. Würden zwischenzeitlich zwei neue Polizisten aufgenommen, dann müssten die „Cobra“-Rückkehrer vielleicht nach Bregenz versetzt werden, weil für sie daheim kein Platz mehr wäre.
Das Innenministerium argumentiert, dass das auch ein Vorteil sei, weil dann eines Tages zwei top ausgebildete Polizisten im Einsatz sind, die bei einem möglichen Terrorangriff in Graz besser reagieren können. Die SPÖ und die FPÖ kritisieren hingegen, dass eben besagte zwei Beamte im Dienstbetrieb fehlen würden. Der Streit über dieses Thema keimt alle paar Monate auf, beide Seiten beharren auf ihrem Standpunkt.
Für die Entscheidung über eine Aufstockung des Gesamtpersonal ist übrigens das SPÖ-geführte Bundeskanzleramt zuständig. Graz. „Er ist als absolut gefährlich einzustufen“, warnt Major Michael Lohnegger, Leiter der „Soko Schmuckraub“in Graz. „Diese Gewaltanwendung gegen gebrechliche, betagte Frauen wäre nicht nötig gewesen.“Seit Mittwoch geht die Polizei davon aus, die Identität des „Goldkettenräubers“zu kennen: Als „dringend tatverdächtig“gilt Adiel-Cristian C., ein 31-jähriger Rumäne.
Nach ihm wird mit europaweitem Haftbefehl gesucht: C. soll jener Mann sein, der seit 30. Juni sieben Pensionistinnen in Graz schwer verletzt und ausgeraubt hat. Allerdings weiß die Polizei nicht, wo sich der mutmaßliche Täter aufhält.
Dabei hatte man C. bereits zwei Mal, wenn auch vor den Raubüberfällen: Am 21. Mai soll er in Spielfeld nach Österreich eingereist sein. Die Abfrage der Daten ergab einen Treffer: C. wurde in Österreich wegen Verdachts auf Einbruch gesucht, der länger zurückliegt. Festgenommen wurde er nicht − es gab keinen Haftbefehl, sondern bloß eine Anfrage zur Aufenthaltsermittlung durch die Justiz.
Oder anders ausgedrückt: Der Polizist in Spielfeld konnte C. nur nach seiner Adresse fragen und ihn bitten, er möge sich doch bei der Staatsanwaltschaft melden. Ebenso wie jener Kollege in Wien am 22. Juni, der C. überprüft hatte. Dass C. erst im März aus der Haft in Bukarest entlassen wurde, war am Grenzübergang nicht ersichtlich. Er saß wegen eines Raubdeliktes.