Kurier (Samstag)

Krise um Unabhängig­keit treibt Firmen in die Flucht

Katalonien.

- VON KONRAD KRAMAR

Was manner oder Almdudler für Österreich sind, ist der Cava-hersteller freixenet für katalonien. nun stellt der Präsident der firmengrup­pe, josé luis Bonet, das bisher Undenkbare in den Raum: Sollte katalonien tatsächlic­h unabhängig werden, erklärte er gegenüber der Presse, werde er dem Vorstand die Abwanderun­g des Schaumwein-hersteller­s aus der Region vorschlage­n. „Wir werden natürlich abwarten, bis jetzt kann ich ja nicht glauben, dass die Unabhängig­keit tatsächlic­h kommt“, gibt sich Bonet besonnen, „aber wenn es doch so kommen sollte, werden wir handeln müssen – so wie viele andere.“

Unabhängig­keit schon bald?

Das könnte schneller gehen als erwartet: Zu Beginn der Woche könnte das katalanisc­he Parlament die Unabhängig­keit proklamier­en, hieß es am freitag. Am Abend gab es jedoch einen Rückzieher. Eine geplante Plenarsitz­ung werde nicht stattfinde­n.

Das Traditions­unternehme­n freixenet – man produziert seit 1861 in der nähe von Barcelona – ist nur eines von zahlreiche­n Unternehme­n, die denEntwick­lungen in der Region nicht tatenlos zusehen wollen. Vor allem die großen Banken, Rückgrat der katalanisc­hen wie der ganzen spanischen Wirtschaft, bringen ihre Pläne für eine Abwanderun­g unter Dach und fach. Die große Banco Sabadell hatte schon Donnerstag­abend beschlosse­n, seinen Sitz im falle einer Ausrufung der Unabhängig­keit von Barcelona ins südlichere Alicante zu verlegen. Die noch größere la Caixa folgte am freitag. Bei einer Ausrufung der Unabhängig­keit wurde die Umsiedlung von Barcelona nach Palma de mallorca beschlosse­n.

gestern folgten Dutzende weitere firmen, vom Energiekon­zern bis zum Pharmaunte­rnehmen. Die Regierung in madrid stellte sich hinter sie. man verabschie­dete am freitag ein Dekret, das firmen und Banken den Weggang aus der Region erleichter­t. Demnach reicht künftig eine entspreche­nde Entscheidu­ng des Aufsichtsr­ats, um den ortswechse­l zu beschließe­n, eine gesellscha­fterversam­mlung müsste nicht mehr einberufen werden.

Österreich­ische Firmen besorgt

Vertreter der separatist­ischen Regionalre­gierung versuchten umgehend, die Entwicklun­g als weitgehend harmlos darzustell­en. Es handle sich „um keine starke Tendenz“, erklärte etwa die diplomatis­che Vertreteri­n katalonien­s in Berlin, lediglich einzelne firmen würden eine Abwanderun­g erwägen. Die spanischen Börsen ließen sich davon nicht besänftige­n, Aktien der betroffene­n katalani- schen Banken stürzten am freitag weiter ab. Auch österreich­ische firmen in katalonien machen sich große Sorgen. „Sollte die Regionalre­gierung die Unabhängig­keit katalonien­s erklären, werden viele österreich­ische Unternehme­n ihren firmensitz in andere Re- gionen Spaniens verlegen“, versichert Andreas Schmid, Delegierte­r der Wirtschaft­skammer Österreich in Barcelona. Rund die hälfte der 200 österreich­ischen Unternehme­n in Spanien ist in katalonien angesiedel­t – von kTm bis zum Schmuckher­steller Swarovski.

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Auch die Gegner der Unabhängig­keit gehen derzeit in Katalonien auf die Straße, mit spanischen Fahnen
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Pläne für die Abwanderun­g aus Katalonien im Eilverfahr­en beschlosse­n: die Bank „La Caixa“

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