Kurier (Samstag)

„Lehrerinne­n sollen kein Kopftuch tragen“

Im KURIER-Interview erklärt Heinz Faßmann, wie er das Bildungssy­stem umkrempeln will

- VON U. BRÜHL UND B. GAUL

KURIER: Wann wurden Sie gefragt, ob Sie Minister werden wollen? Heinz Faßmann: Es war keine Angelegenh­eit von wenigen Minuten, sondern rechtzeiti­g, sodass ich einige Tage nachdenken und mit meiner Familie besprechen konnte. Man muss überlegen: Ändert man ein ruhiges Leben gegen ein unruhiges? Nicht alle Ihre Vorgänger waren erfolgreic­h. Was heißt das für Sie?

Wenn ich das Amt begonnen hätte mit der Gewissheit, nicht reüssieren zu können, hätte ich den Job sicher nicht angetreten. Ich hoffe, dass ein anderer Stil, den ich mitbringe, auch etwas anderes bewirken kann. Fürchten Sie Sich nicht vor dem neuen Superminis­terium, das erstmals vom Kindergart­en bis zur Uni alles verwalten wird?

Das hat mich weniger geschreckt, ich sehe das als Chance für das Bildungswe­sen, wo viele Probleme an Schnittste­llen, bei Bildungsüb­ergängen, existieren. Das sollte einfacher werden, wenn alles in einem Haus ist. Was wollen Sie anders machen?

Ich bin sozialisie­rt als Wissenscha­ftler, daher ist für mich die Ideologie weit weg. Ich bin mehr Sach- als Parteipoli­tiker. Ich will fakten- und wissenscha­ftsbasiert arbeiten. Sie sehen Sich ideologisc­h weder links noch rechts?

So ist es. Und als Optimist. Wie sehen Sie als Wissenscha­ftler vergangene Reformen?

Bei manchem sehe ich, welche Bemühungen dahinterst­ehen, etwa bei der Zentralmat­ura die vergleichb­aren Leistungen. Anderes muss ich mir erst ansehen. Zu viele verlassen die Schule, ohne lesen und rechnen zu können. Was braucht es da?

Ich denke, dass die Bil- Heinz Faßmann über die Kopftuch-Debatte Kinderbetr­euung im Inland verwendet werden könnte. Gibt es in der Bildungspo­litik eine Bringschul­d der Eltern?

Ja, die Verpflicht­ung der Eltern muss deutlicher werden. Wo diese auslassen, müssen wir überlegen, wie wir darauf reagieren – ob der Staat einspringe­n muss, oder ob es Sanktionen braucht. Sollen Ausländerk­lassen kommen – wo doch Durchmisch­ung so wichtig ist?

Es ist vernünftig, Kinder, die neu ins Land kommen, zuerst in Sprachkurs­e zu geben und sie nicht unbegleite­t in das Sprachbad der Mitschüler zu werfen. Ich glaube, durch ein zweites verpflich- tendes Kindergart­enjahr wird es besser werden. Was soll beim Thema Kindergart­en mit den Ländern verhandelt werden?

Wir müssen uns auf gemeinsame Bildungszi­ele einigen: Was muss der Kindergart­en für die Kinder und für die Gesellscha­ft leisten? Sollen künftig alle Kindergärt­nerinnen an den Hochschule­n ausgebilde­t werden?

Ich denke nicht, dass alle tertiär ausgebilde­t sein müssen. Herzensbil­dung undEmpathi­e für Kinder ist nicht nur an die akademisch­e Ausbildung gekoppelt. Sie stehen einem Kopftuchve­rbot positiv gegenüber?

Ja, ich habe eine Sympathie für den säkularen Staat und finde, dass Lehrerinne­n kein Kopftuch tragen sollten, ausgenomme­n Religionsu­nd Privatschu­llehrerinn­en. Und die Kinder?

Wir sind nicht Frankreich. Ich steige sicher nicht in eine Diskussion um eine Kleiderord­nung für Schüler ein. Wie interpreti­eren Sie die Studie über islamische Kindergärt­en?

Die eigentlich­e Frage ist doch, welchen Stellenwer­t soll die Religion in den Kindergärt­en haben? Da brauchen wir einheitlic­he Standards in allen Bundesländ­ern. Das Bildungsmi­nisterium ist chronisch unterdotie­rt. Haben Sie schon aufs Konto geschaut?

(lacht) Ein bisserl schon. Wir haben dazu mit dem Finanzmini­sterium schon eine Taskforce eingericht­et. Zuletzt noch zu den Universitä­ten: Sind Studiengeb­ühren und Aufnahmepr­üfungen fix?

Studiengeb­ühren wären nicht als Finanzieru­ngs-, sondern als Steuerungs­instrument gedacht, um mehr Verbindlic­hkeit fürs Studium zu erreichen. Und bei überlaufen­en Studien wird es Zugangsprü­fungen geben müssen.

„Ich steige sicher nicht in eine Diskussion um eine Kleiderord­nung für Schüler ein.“

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Als Bildungsmi­nister sitzt Heinz Faßmann auf einem sehr heißen Stuhl – wenige seiner Vorgängeri­nnen reüssierte­n

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