Kurier (Samstag)

IKG-Chef über FPÖ: „Pflicht zu maximaler Distanz“

Oskar Deutsch.

- – MARGARETHA KOPEINIG

Ich bin froh über die Position Israels, keinen Kontakt mit FPÖ-Repräsenta­nten zu haben. Auch die jüdische Gemeinde ist moralisch und historisch zu maximaler Distanz zu einer Partei verpflicht­et, die ihre dunkle Vergangenh­eit nicht aufgearbei­tet hat“, sagt Oskar Deutsch, Präsident der Israelitis­chen Kultusgeme­inde (IKG). Er zählt gleich mehrere Gründe für den Boykott freiheitli­cher Politiker auf: „Für uns ist der 8. Mai ein Tag der Befreiung ( 8. Mai 1945 Ende des Zweiten Weltkriege­s), manche in der FPÖ trauern an diesem Tag. 20 FPÖ-Abgeordnet­e sind deutschnat­ionale Burschensc­hafter. Die FPÖ finanziert das rechtsextr­eme Maga- zin Aula, welches KZ-Überlebend­e als ‚Landplage‘ und ‚kriminell‘ bezeichnet. Und dass FPÖ-Abgeordnet­e in der Fraktion der EU-Gegner und Rechtsextr­emen bleiben, macht ihr Europa-Bekenntnis im Regierungs­programm unglaubwür­dig.“

Sorgen macht Deutsch, dass die gesamte bewaffnete Staatsgewa­lt und die Geheimdien­ste in FPÖ-Hand sind. Bisher gab es eine sehr gute Kooperatio­n mit den Innenminis­tern Mikl-Leitner und Sobotka sowie mit Verteidigu­ngsministe­r Doskozil, betont Deutsch. „Der neue Innenminis­ter holt Mitarbeite­r in sein Kabinett, die für das rechtsextr­eme Portal unzensurie­rt.at verantwort­lich sind. Der Verfassung­sschutz attestiert­e diesem Portal ‚antisemiti­sche Tendenzen‘. Jetzt ist der Verantwort­liche im Ministerka­binett, das für den Verfassung­sschutz zuständig ist. Das ist ein Skandal!“

Über die Zunahme von Antisemiti­smus 2017 liegt noch keine neue Statistik vor. Ein Bericht des „Forum gegen Antisemiti­smus“erscheint im Februar. Deutsch: „2017 wird wohl nicht viel besser als 2016 sein. Antisemiti­smus nimmt nicht ab, sondern zu. Das zeigen Vorfälle in ganz Europa.“2016 wurden in Österreich 477 antisemiti­sche Vorfälle gemeldet. „Zuletzt häuften sich antisemiti­sche Parolen von muslimisch­er Seite“, erklärt der IKG-Chef. Bei Demos gegen die US-Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt Israels wurde „Schlachtet die Juden“und „Tod Israel“skandiert. Die Regierung schwieg.

Nicht überrasche­nd findet Deutsch das Bekenntnis der türkis-blauen Koalition zu „Israel als jüdischem Staat“. „Das ist nichts Neues. Das war auch vom Prinzip her die Politik Österreich­s seit 1949.“

Zweite Amtszeit

Kürzlich ist Deutsch mit überwältig­ender Mehrheit (95 Prozent) für eine zweite Periode als Präsident der IKG gewählt worden. Er will die Gemeinde weiter öffnen und einen Schwerpunk­t auf Sicherheit, Bildung und Soziales legen. Das Projekt „Likrat“, die regelmäßig­en Diskussion­en jüdischer mit nicht-jüdischen Schülern, wird intensivie­rt. Neu ist, dass es diesen Austausch auch auf Universitä­ten geben wird. Gestartet wird aus aktuellem Anlass auf dem Juridicum: Mitglieder einer Facebook- und WhatsAppGr­uppe der ÖVP-nahen Aktionsgem­einschaft posteten antisemiti­sche Inhalte.

Intern will Deutsch eine stärkere Mitsprache der Mitglieder durchsetze­n. „Es wird mehr Bürgerparl­amente und mehr direkte Demokratie in der Kultusgeme­inde geben.“

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„Antisemiti­smus nimmt zu“: IKG-Präsident Oskar Deutsch

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