Kurier (Samstag)

AUA-Flieger krachte fast in den Berg

Maschine verfehlte Monte Caslano um 200 Meter / Kritik aus der Schweiz an Fluglinie und Ministeriu­m

- VON DOMINIK SCHREIBER UND KID MÖCHEL

Um nicht einmal 200 Meter verfehlte eine AUA-Maschine mit 59 Insassen im Oktober 2015 den 526 Meter hohen Monte Caslano in der Schweiz. 17 Sekunden, bevor der Flieger in den Berg geflogen wäre, zog der 41-jährige Pilot nach einer Warnmeldun­g die Dash-8 in die Höhe. Und er stellte sie so schräg in eine Kurve, wie es bei normalen Flügen eigentlich nicht erlaubt ist. Wie der KURIER im Februar aufgedeckt hat, dauerte es Wochen, bis die Schweizer Flugunters­uchungsste­lle (SUST) Ermittlung­en aufnahm. Nur weil an Bord der Maschine ein KLM-Pilot war, der ein eMail an die Untersuche­r schrieb, wurde der Vorfall untersucht.

Die Ursache für den Beinahe-Unfall fasst Urs Holdegger von der SUST so zusammen: „Die AUA hat ein eigenes Sichtflugv­erfahren zusammenge­bastelt und das verwendet, obwohl man es ihnen verboten hat.“

„Wildwuchs“

Es wäre jedenfalls die schlimmste Katastroph­e der Firmengesc­hichte gewesen. Die gewählte Anflugrout­e um den Monte Caslano war seit 2014 aus Sicherheit­sgründen nicht mehr erlaubt. Die SUST sprach von „einem Wildwuchs möglicher Anflüge“. Die Piloten gerieten dabei leicht ab von der trainierte­n Route und hätten den von Wolken verdeckten Berg vermutlich übersehen. Erst durch ein Warnsignal wurden sie vor der bevorstehe­nden Kollision gewarnt.

In dem Papier wird den beiden Piloten keine gröbere Schuld angelastet. Kritik wird an der AUA geübt, dass eine illegale Anflugkart­e verwendet wurde. Piloten wurden sogar extra für diesen Anflug geschult – mit Wissen der AustroCont­rol, wie es in dem Bericht heißt. Diese betont, dass „die Flugroute bereits untersagt war“und sie nicht verantwort­lich sei. Bei der AUA sieht man vor allem Auffassung­sunterschi­ede und Missverstä­ndnisse als Ursache.

Die Ermittler sehen „die ungenügend­e Aufsicht der zuständige­n Behörden (...) als systemisch kausal“.

Nach dem Vorfall dauerte es dreieinhal­b Monate, bis die SUST erkannte, dass es beinahe einen „kontrollie­rten Flug in den Boden“gegeben habe. Die Schweizer Untersuchu­ngsstelle meint, dass die AUA sie „nicht über die tatsächlic­hen Vorgänge informiert“habe (was diese bestreitet). Auch die bereits in einen veritablen Skandal um geschönte Berichte verwickelt­e Untersuchu­ngsstelle des österreich­ischen Verkehrsmi­nisteriums leitete an die Schweizer Kollegen nicht weiter, was hier tatsächlic­h passiert war. Nur weil die AUA einen Zwischenbe­richt an die für den Flug zuständige Partnerlin­ie Swiss weiterleit­ete und die SUST über Umwege Wochen später davon erfuhr, wurde der Vorfall überhaupt untersucht.

Änderungen bei AUA

Die AUA hat jedenfalls als Folge umfangreic­he Änderungen ihres Ablaufs durchgefüh­rt. Die beiden Piloten sind auf anderen Flugzeugty­pen im Einsatz und f liegen Lugano nicht mehr an. Die für die österreich­ische Untersuchu­ngsstelle zuständige Sektionsch­efin im Verkehrsmi­nisterium, Ursula Zechner, wurde kürzlich zur Asfinag abkommandi­ert.

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Diese Dash-8 mit 59 Insassen prallte im Oktober 2015 beinahe gegen einen Berg, Ursache war laut Bericht ein verbotenes Landeverfa­hren
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