Kurier (Samstag)

Schach mit Humphrey Bogart

Die Antwort ist nicht so wichtig, aber Bogie spielt endlich wieder eine Hauptrolle BÜCHER

- VON PETER PISA

Humphrey Bogart hat gerade eine Drehpause. In seinemZelt­sitzt, völlig geschafft von der Hitze, mit baumelnden Armen auf einem Lehnstuhl. Die Beine hat er von sich gestreckt. Er f lucht.

Eine Entladung wie ein Sommergewi­tter.

Als ein Besucher eintritt und sieht, wie kahl Bogart ist, greift der Schauspiel­er nach seinem Toupet und setzt es auf, ganz selbstvers­tändlich wie einen Hut. Er sagt lakonisch:

„Drei Ehen und eine Menge Alkohol – da fallen dir nun mal die Haare aus.“

Drambuie

Das ist es, was den Roman „Wer ist B. Traven?“ausmacht. Humphrey Bogart ist es. Bogie braucht ohnehin wieder eine große Rolle, um sich in Erinnerung zu rufen.

(Neulich in Wien in einem Spezialges­chäft für Alkohol: „Haben Sie diesen Whisky-Likör, den Humphrey Bogart so gern getrunken hat?“– „Wersndas?“)

Humphrey Bogart trank Drambuie. Er trinkt es auch in Torsten Seiferts Roman. Der deutsche Werbetexte­r hat „seine“Geschichte gut gewählt, sie funktionie­rt sogar amerikanis­ch ... wenn Bogie einen Auftritt hat.

1947 wurde von John Huston in Mexiko der Abenteuerr­oman „Der Schatz der Sierra Madre“verfilmt. Bogart (kein Oscar) und Hustons Vater Walter (Oscar) spielten mit. Es sollte einer der bedeutends­ten Filme aller Zeiten werden.

Der Bestseller war in den 1920ern unter dem Pseudonym B. Traven geschriebe­n worden. Nun zogen auch amerikanis­che Journalist­en aus, um den Autor zu enttarnen. Europäisch­e hatten kapitulier­en müssen.

Kein Hörbiger

In Los Angeles bekommt der junge Leon Borenstein den Auftrag. Sein Chefredakt­eur weiß: Zu den „Sierra Madre“Dreharbeit­en hat Traven einen Bevollmäch­tigten geschickt, Hal Croves (Das war tatsächlic­h so.) Diesem unscheinba­ren Literatur-Agenten soll sich Leon an die Fersen heften; aber offiziell anreisen, um Humphrey Bogart zu interviewe­n. Der würd’ zwar Journalist­en am liebsten mit seinem Toupet erschießen. Aber einen guten Gegner beim Schach mag er für die Pausen. Leon spielt ausgezeich­net.

Es gibt also Schach und Drambuie in Mexiko, wo Häuser mitunter Fenster haben, die „wie zahnlose Menschen“aussehen.

Für Leon gibt es sogar Sex im Beichtstuh­l, und das macht den Roman spritzig.

Aber übersiedel­t er ins Nachkriegs­wien, so geht’s wirklich um Travens Identität. Dort gibt’s keinen Bogie mehr, und nicht einmal Paul Hörbiger taucht als Hausmeiste­r auf (wie in der Verfilmung von Greenes „Der Dritte Mann“).

Verdammt

Die eigentlich­e Frage „Wer ist B. Traven?“interessie­rt weniger. Es gab Dutzende Versuche, ihn zu entlarven.

Vielleicht hieß er Hal Croves oder war Sohn einer Gräfin von Wedel. Vielleicht war er früher Revolution­är in Deutschlan­d – was passen würde, denn man kann seine Bücher auch als Aufruf lesen: „Verdammte dieser Erde, wacht endlich auf!“

Traven wollte, dass nicht er, sondern sein Werk im Mittelpunk­t steht. Und genau darauf – „Das Totenschif­f “(1926), „Die Brücke im Dschungel“(1927) ... – hat man Riesenlust bekommen.

Und auf Bogart-Filme.

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Der Weihnachts­mann? Ein obdachlose­r Musikant? Mozart irrt durchs Heute
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Amerikanis­ch dank Bogie: Torsten Seifert aus Potsdam
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