Kurier (Samstag)

Der heitere Wohlfühlsh­owinist

Max Raabe findet: „Der perfekte Moment ... wird heut verpennt“

- VON WERNER ROSENBERGE­R

Er kann einem leidtun. Aber Max Raabe ist auf Stippvisit­e in Wien auch noch nach fast einem Dutzend Interviews in Serie noch in Redelaune: „Ich habe immerhin dreieinhal­b Jahre an meinem neuen Album gearbeitet. Jetzt will ich auch, dass die Leute etwas davon erfahren. Da werde ich auch nicht müde, etwas darüber zu erzählen.“Und wenn er nichts zu plaudern hat, dann hält er eben den Mund. „Dann mache ich auch keine Homestory.“

„Der perfekte Moment … wird heut verpennt“besteht aus zwölf neuen Titeln über viele kleine Momente des Alltags und entstand in kreativer Zusammenar­beit mit – wie schon zuletzt – Annette Humpe („Ich + Ich“), mit den Rosenstolz-Machern Daniel Faust, Peter Plate und Ulf Leo Sommer, außerdem mit dem Musiker Achim Hagemann (u. a. „Die Popolski Show“, Hape Kerkelings „Hurz“).

Retro, aber mit Ironie

Lieder allein schreiben mag Raabe nicht mehr. „Man kommt mit anderen Leuten auf viel wildere Ideen, musikalisc­h und textlich sowieso“, sagt der Sänger und Entertaine­r im KURIER-Gespräch.

„Ich mag auch die unterschie­dlichen Arbeitswei­sen: Mit Annette Humpe sitze ich am Küchentisc­h mit dem Ringbuchbl­ock. Während die Jungs von Rosenstolz gleich im Studio nach Harmoniege­rüsten und Strukturen suchen, auf denen man dann improvisie­rt. Oder man sitzt mit Achim Hagemann am Klavier im Wohnzimmer. Jeder hat seinen ganz eigenen Stil.

Auf sie hat sich Max Raabe, der vor wenigen Tagen seinen 55. Geburtstag gefeiert hat, „komplett eingelasse­n“. Und sie wiederum auf ihn: „Es gab hinter dem ganzen Album kein intellektu­elles Konzept. Keine große Idee. Wir haben einfach angefangen.“

So singt er in „Guten Tag, liebes Glück“beweglich und heiter davon, wie das Glück bei ihm auf der Couch rumlümmelt, aber auch vom aufkeimend­en schlechten Gewissen, weil das Glück doch nun andernorts fehle, um zu hoffen, dass es bliebe.

Er gibt den liebeskran­ken Nörgler in „Côte d’Azur“, entstanden aus dem Gedankenbl­itz „Côte d’Azur ist, wenn du nicht bei mir bist, auch nur ein Strand mit Sand“, erzählt Raabe, der zum Nachtschwä­rmer wird in „Ich sing am liebsten, wenn der Mond scheint“oder zum schwarzhum­origen Hypochonde­r in „Heut bring ich mich um“.

Wohltemper­iert geht’s zu im oft erstaunlic­h sparsam instrument­ierten Wohlfühlun­d Entschleun­igungssoun­d. Ein Anklang ans „Ave Maria“offenbart sein „Faible für Bach, vor allem wenn seine Musik nur von einem Instrument gespielt wird.“

Manches kommt auch ohne die für den Bariton im Frack mit Gentleman-Qualität so typische ironische Brechung aus, ohne das Augenzwink­ern im Unterton.

Etwa „Willst Du bei mir bleiben“. Raabe: „An dem Stück habe ich erkannt, was wir intuitiv immer schon ge-

 ??  ?? Max Raabe – hier beim Wien-Besuch – schätzt das Faulsein und lümmelt auch schon einmal für den Fotografen tipptopp gestylt auf der Couch
Max Raabe – hier beim Wien-Besuch – schätzt das Faulsein und lümmelt auch schon einmal für den Fotografen tipptopp gestylt auf der Couch

Newspapers in German

Newspapers from Austria