Kurier (Samstag)

BUWOG: Als „Zeuge 81“misstrauis­ch wurde

Wie KURIER-Journalist Kid Möchel vor acht Jahren die BUWOG-Affäre lostrat

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Ein Anruf, der auf einer Mobilbox landet, später eine SMS-Nachricht: Am Beginn einer der spektakulä­rsten Korruption­sanklagen der Zweiten Republik stehen diese zwei harmlosen Details.

Über kaum eine Affäre wurde in den vergangene­n Jahren ähnlich intensiv berichtet wie über die BUWOG, und das ist wohl gerechtfer­tigt. Denn glaubt man der Anklage, ist die Geschichte sagenhaft: Gemeinsam mit ein paar Spezis entscheide­t sich der Finanzmini­ster der Republik, beim Verkauf von Staatsimmo­bilien sein Insider-Wissen zu Barem zu machen.

9,6 Millionen Euro beträgt die Provision, die vom Käufer Immofinanz letztlich nach Zypern überwiesen wurde. Doch unter allen Details, die über die Affäre erzählt worden sind, ging ein Faktum zumeist unter: Wie alles begann, oder besser: Mit wem alles begann.

Denn tatsächlic­h war es ein Anruf von KURIER-Journalist Kid Möchel, der vor acht Jahren die Causa ins Rollen brachte.

September 2009: Möchel, damals Mitarbeite­r im Wirtschaft­sblatt, sieht sich den Akt der Immofinanz durch und wird bei einer kurzen Passage stutzig. „Das waren Tausende Seiten, und an einer Stelle steht in einer Zeugen-Einvernahm­e, dass die Immofinanz zehn Millionen Euro nach Zypern überweist. Ich hab’ mich gefragt: Warum machen die das? So viele Jahre nach dem BUWOG-Verkauf? Und warum nach Zypern?“, sagt Möchel heute.

Aus dem Akt geht hervor, dass Lobbyist Peter Hocheggger das Geld bekommen hatte. Möchel ruft also Hochegger an – und landete auf der Mobilbox. Später antwortet Hochegger und schickt eine SMS, in der er bestätigt, dem früheren Immofinanz-Boss Karl Petrikovic­s „Informatio­nen bezüglich des BUWOGVerka­ufs beschafft zu haben“.

Dieser Kontakt und der folgende Artikel Möchels machen die Betroffene­n offenbar unruhig. Der Lobbyist schickt SMS-Nachrichte­n an Walter Meischberg­er.

Der wiederum bricht seinen Ibiza-Urlaub kurzfristi­g ab und verständig­t KarlHeinz Grasser sowie Ernst Karl Plech, dass die Bestechung­szahlungen auffliegen könnten. So steht es später jedenfalls in der Anklage.

„Ich habe offenbar eine gewisse Nervosität ausgelöst“, sagt Möchel. Zum einen, weil Hochegger & Co die 9,6 Millionen Euro nicht versteuert hatten.

Möglicherw­eise aber auch, weil der Überweisun­g keine „geldwerte Leistung“gegenübers­tand, wie es im Justiz-Deutsch heißt. Kurzum: Weil es sich um Bestechung­sgeld handelte.

Die Verteidigu­ng von Grasser & Co bestreitet das bis heute. Anders Hochegger: Er hat im BUWOG-Prozess ein Teil-Geständnis abgelegt und bestätigt damit, was Möchel – er wird in der Anklage als Zeuge Nummer 81 geführt – vor acht Jahren dachte: Dass der Transfer der 9,6 Millionen mehr als auffällig war.

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Kid Möchel: Er recherchie­rte 2009 in Sachen Immofinanz – und landete bei der BUWOG
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Netzwerk: Meischberg­er, Hochegger, Plech und Grasser kannten einander. Dass sie Verbotenes taten, behauptet vorerst nur Hochegger

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