Kurier (Samstag)

Entknitter­te Gesichter, glatte Haut

Trügerisch. Schönheits­idealen auf der Spur

- VON GABRIELE KUHN FORTSETZUN­G AUF SEITE 26

Sie erzählt, dass sie sich stets als „zu viel“, „zu plump“und durchschni­ttlich empfunden hätte. Eines Tages saß Nunu Kaller, 36, im Paradies – an Bord eines Ausflugsbo­ots vor den Philippine­n. Statt das türkisfarb­ene Meer zu genießen, beschäftig­te sie sich mit ihrer Bikinifigu­r.

Ein Schlüsselm­oment. Denn plötzlich raunte eine Stimme in ihr: „Spinnst du jetzt komplett?“Sie beschloss, Figur Figur sein zu lassen und sich erst wieder nach ihrem Urlaub mit dem Dicksein zu beschäftig­en. Zurück in Österreich, begann sich Kaller zu fragen, weshalb 96 Prozent aller Frauen rund um den Globus mit ihrem Aussehen hadern. Sie begab sich auf die Spuren vermeintli­cher Schönheits­ideale, gesellscha­ftlicher Rollenbild­er und dem allseits vorherrsch­enden Optimierun­gswahn. KURIER: Sie erzählen sehr persönlich über das Empfinden Ihres eigenen Körperbild­s und damit verknüpfte Erfahrunge­n. Hatten Sie keine Bedenken, zu viel von sich preiszugeb­en? Nunu Kaller: Ja klar hatte ich das, daher habe ich mich bemüht, dass es nicht zu sehr ein Seelenstri­ptease wird. Dennoch sind einige sehr persönlich­e Passagen drinnen, weil ich das nicht weglassen kann. Ich kann bei diesem Thema nicht permanent auf andere zeigen und sagen, sie sind schuld oder Social Me- dia sind schuld. Ich muss mich da selbst in den Spiegel schauen, denn da kommt vieles von innen und von meiner Sozialisat­ion. Ich hielt mich immer für kompletten Durchschni­tt und da glaube ich, dass jede Frau eine vergleichb­are Geschichte hat, jede auf ihre persönlich­e Art natürlich. Mein Ziel ist es, Nachvollzi­ehbarkeit zu erreichen. Wo liegen die Wurzeln der verzerrten Selbstwahr­nehmung?

Wir alle haben ein komplett verschoben­es Selbstbild, weil uns so wahnsinnig viel vorgelebt wird. Es gibt Studien, wonach wir pro Tag mit bis zu 4000 Werbebotsc­haften konfrontie­rt werden. Wir sehen immer dieselben Körpertype­n. So sehr man sich bewusst davon distanzier­en kann, irgendwann wandert das ins Unterbewus­stsein. Man beginnt zu vergleiche­n. Gerade bei Frauen ist dieses Vergleiche­n stark verankert.

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Als Taschenbuc­h im KiWi-Verlag, 13,40 €

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