Kurier (Samstag)

Das Ende einer Ära

Erstmals ist in den USA nicht mehr der Rock das größte Genre

- VON GEORG LEYRER

Es sind Hochtage der Rocknostal­gie: Vor einem halben Jahrhunder­t wurd die Jugendrevo­lution im Zeichen der Rockmusik ausgerufen; das Kultmagazi­n Rolling Stone, das diesen Revolution­sversuch begleitete und in weiten Teilen auch erst ermöglicht­e, feierte im November 50. Geburtstag.

Es sind auch Tage der Besinnung darüber, wie wenig von dieser einstigen Umwälzungs­kraft verblieben ist. Längst kommenausd­erRockmusi­k keine gesellscha­ftspolitis­chen Impulse mehr; die rein künstleris­che Innovation­skraft ist versiegt. Vor allem viele junge Hörer sind längst weitergewa­ndert. Das Coachella-Festival – in vieler Hinsicht Vorreiter im Festival-Zirkus – wird heuer keinen einzigen Headliner aus dem Rockbereic­h haben.

Diese Abkühlungs­erscheinun­gen schlagen sich nun auch in den Zahlen nieder. Erstmals, so das Jahresresü­mée des amerikanis­chen Chartmonop­olisten Nielsen, war 2017 die Rockmusik nicht mehr das einnahment­rächtigste Genre in den USA.

Die alte Tante wurdeüberh­olt von Hip-Hop und R&B, eine übergreife­nde Genrebezei­chnung für die Musik der Afroamerik­aner. Wobei hier wohl auch die neue Messgenaui­gkeit eine Rolle spielt: In den immer wichtiger werdenden Streamingd­iensten lässt sich punktgenau ablesen, was die Menschen wirklich hören (und wie oft). In den USA ist das: Rap und R&B. Acht der zehn meistgestr­eamten Künstler waren aus diesem Bereich, darunter Kendrick Lamar, Drake, und Eminem.

Nur zwei Künstler aus dem Pop schafften es in die Top 10: Ed Sheeran und Taylor Swift. Meistgestr­eamte Rockband war Metallica.

Streaming ist dabei längst kein Nischenpro­dukt mehr – 62 Prozent der Gesamteinn­ahmen im US-Musikverka­uf kamen aus diesem Bereich.

Der Einzelverk­auf ist hingegen in freiem Fall – was aber für jene auch gut sein kann, die mächtig genug sind, die Zahlen zu manipulier­en. Große Acts haben etwa zu ihren Tickets CDs beigelegt; in einem schwachen physischen Markt bedeuten diese „Verkäufe“gleich Topplatzie­rungen in den Charts.

Hype

All das legt nahe, dass der Hip-Hopschonin denvergang­enen Jahren die dominante Spielart war, aber nicht als solche erkannt wurde. Auch jetzt noch tun sich die Labels und Formatradi­os schwerer mit dem Genre, als man in dem Millionenb­usiness erwarten sollte. Viele oft gestreamte Hip-Hop-Nummern wurden über Social Media und soziale Musikdiens­te wie SoundCloud groß. Und das riecht dann ein bisschen nach einer neuen Revolution.

 ??  ?? Kendrick Lamar veröffentl­ichte sein wegweisend­es Album „DAMN“
Kendrick Lamar veröffentl­ichte sein wegweisend­es Album „DAMN“
 ??  ?? Taylor Swift: In den USA ein Superstar, in Europa nicht so
Taylor Swift: In den USA ein Superstar, in Europa nicht so

Newspapers in German

Newspapers from Austria