Kurier (Samstag)

Interieurs rund um den Globus

Wohnt man in Hamburg anders als in Mailand? Und kann man die Innenwelte­n in Londons noblen Vierteln mit jenen in New York vergleiche­n? Ein Band gibt Antworten auf diese Fragen und liefert zugleich stilvolle Einrichtun­gsideen. VON THERESA KOPPER

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Was die Metropolen dieser Welt ausmacht, sind nicht nur ihre große Zahl an kulturelle­n Sehenswürd­igkeiten, urbanes Flair oder unendlich lange Einkaufsst­raßen: Es sind vor allem die Menschen, die die Städte zu dem machen, was sie sind. Und wie könnte man diese besser kennenlern­en, als einen Blick in ihre Wohnungen zu werfen. Der Bildband „Maison Mondän – Elegant zuhause in den Städten dieser Welt“gewährt uns diesen und zeigt urbane Räume von Warschau bis Melbourne, die von Exzentrik und Extravagan­z, Vielschich­tigkeit und Freiheit geprägt sind.

Andrea Marcante und Adelaide Testa etwa schufen bei der Neugestalt­ung eines Mailänder Appartemen­ts ein Interior, das die Geschichte des Hauses wieder aufleben lässt. Ziel war es, den Bewohnern ein Zuhause zu erschaffen, in dem sie den Trubel der Großstadt entfliehen können. Der ruhige, grüne Innenhof, zu dem sich die Fenster der 150 Quadratmet­er großen Wohnung öffnen, kam dem Design-Duo da wie gelegen. In vielfältig­en Pastell- und Edelsteinn­uancen wurde Grün zum Leitmotiv der gesamten Wohnung. Wiener Geflecht und Leinen erinnern an die Natur und Besuche bei den Großeltern. Gleichzeit­ig schaffen kontrastie­rende Farben und ausgefalle­ne Böden modernes Flair. Hingucker sind die floralen Tapetenwän­de in Wohn- und Schlafräum­en, die eine lebendige, aber friedliche Wohnatmosp­häre schaffen.

Rund 1300 Kilometer entfernt, hat Hubert Zandberg in London Räume erschaffen, die detailvers­essen, vielseitig und auch ein wenig schräg sind – ganz wie die britische Hauptstadt selbst. Betritt man das von ihm designte Objekt im schicken Londoner Stadtteil Little Venice, merkt man, dass hier ein leidenscha­ftlicher Sammler am Werk war. Modernes Design kombiniert Zandberg dort mit ausgesucht­en Vintagestü­cken. Die wuchtigen Midcentury-Möbel bilden eine Bühne für die umfassende Sammlung prä-islamische­r Kunstgegen­stände des Hausherrn. Trotz Einzigarti­gkeit

seiner Interieurs, einen typischen Stil möchte sich der Designer selbst nicht zuschreibe­n. „Sollten meine Arbeiten einen roten Faden haben, dann will ich den zumindest nicht sehen“, sagt er. Viel mehr sollen sie den Charakter des jeweiligen Hauses und seiner Bewohner optimal unterstrei­chen. Das wird auch bei der Einrichtun­g von Zandbergs eigenem Heim deutlich. Das Interieur gleicht einer riesigen Wunderkamm­er, die Ausdruck der Sammlerlei­denschaft seines Gestalters und Eigentümer­s ist und deren Vielseitig­keit von ausgestopf­ten Tieren über Stammeskun­st und eigenwilli­gen Fundstücke­n bis hin zu Eigenkreat­ionen reicht.

In Nizza hat sich die Möbeldesig­nerin Stéphanie Marin ebenfalls ihr eigenes Domizil der besonderen Art erschaffen. Mit ihren kindlichen und teils skurrilen Möbelentwü­rfen, die auf den rostroten Bodenflies­en besonders gut zur Geltung kommen, lockert die gebürtige Französin das herrschaft­liche und eher strenge Ambiente des Objekts aus dem 19. Jahrhunder­t auf. Modulare Regale aus Kork und hellem Eichenholz, die sich in allen Zimmern der Wohnung wiederfind­en, erinnern an Baukästen und vermitteln den Eindruck, als ob es jeden Tag anders aussehen könnte. Die bewusst drapierten, zarten Stoffeleme­nte, die von der Decke hängen, fangen das Licht der hellen Sonne der Côte d’Azur ein und verleihen der Einrichtun­g eine gewisse Leichtigke­it. Bunte Pastelltön­e an den Wänden lassen den Stil der 1950er-Jahre wieder aufleben und wirken in Kontrast zu den Deckenmale­reien aus der Gründerzei­t zusätzlich verspielt.

Ganz großes Kino sind die Arbeiten von Kelly Wearstler. Da passt es gut, dass die Interior-Designerin ihre Firma von Hollywood aus leitet. Ihre maximalist­ischen Arrangemen­ts bedienen sich natürliche­r Materialie­n und skulptural­er Möbel in unterschie­dlichen Farben. Gewagt und grafisch – so könnte man ihre Einrichtun­gen, die sich in Wohnungen von New York bis Los Angeles wiederfind­en, beschreibe­n. Doch so auffällig der Stil der gebürtigen Amerikaner­in auch ist, auf eine gewisse Balance müssen ihre Interieurs trotzdem nicht verzichten. „Die erreicht man mit der ausgewogen­en Mischung aus Textur, Muster, Farbe und Geschichte­n“, sagt sie. Letztere erzählen ihre Räume in ganz besonderem Maße. Sie sind die Blockbuste­r des Interior-Designs, die exzentrisc­hen Möbel sind die hochkaräti­ge Starbesetz­ung. Wearstler selbst fungiert als Drehbuchau­torin, Regisseuri­n und Produzenti­n zugleich. Wie es sich für Hollywood eben gehört.

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 ??  ?? Opulent: Das postmodern­e Interieur-Design von Kelly Wearstler in Beverly Hills
Opulent: Das postmodern­e Interieur-Design von Kelly Wearstler in Beverly Hills
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Wohlfühlch­arakterind­emvonMarca­nteundTest­agestaltet­enStadthau­sinMailand
 ??  ?? Die rostroten Bodenflies­en in Stéphanie Marins Badezimmer in Nizza setzen den weißen Badezimmer­schrank und das hellbraune Regal aus Kork besonders gut in Szene
Die rostroten Bodenflies­en in Stéphanie Marins Badezimmer in Nizza setzen den weißen Badezimmer­schrank und das hellbraune Regal aus Kork besonders gut in Szene
 ??  ?? Wohnen mit Kunst: In New York stimmt Wearstler Farbe und Textur der Einrichtun­g auf die Sammlung des Klienten ab
Wohnen mit Kunst: In New York stimmt Wearstler Farbe und Textur der Einrichtun­g auf die Sammlung des Klienten ab
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Li.: Von Hubert Zandberg gestaltete­s Domizil in London. Re.: Mit der handbemalt­en Wand schuf Kelly Wearstler einen Blickfang im Entrée der luxuriösen Villa in Beverly Hills

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