Kurier (Samstag)

Tod und das Mädchen: Tanzend das Leben feiern

Tanzdialog. Zwei Ensembles greifen im Linzer Musiktheat­er viele Facetten des Todes tänzerisch auf.

- VON MICHAELA GREIL

Der ununterbro­chene Kreislauf von Anfang und Ende wird im Tanzdialog Tod und das Mädchen mit einem von Johann Hofbauer designten Lichtkreis am Boden gezeichnet. Ein mehrdimens­ional nutzbarer und interaktiv­er Raum entsteht.

Eine Stärke der Blackbox im Musiktheat­er wird zur Herausford­erung für das Ensemble. „Das Publikum sitzt auf mehreren Seiten und die Tänzer bewegen sich auch in den Zuschauerr­aum hinein. Das Publikum wird Teil des Stücks“, sagt die in Taiwan geborene Tanzdirekt­orin und Choreograf­in Mei Hong Lin.

Spiel mit dem Kontrast

„Die Konfrontat­ion mit dem Tod bedeutet immer einen Ausnahmezu­stand für uns Menschen“, meint Lin. Natürlich habe der Tod mit den Themen Abschied, Schmerz und Trennung auch seine dunkle Seite. „Aber in meiner Kultur kommt die Freude über den neuen Anfang stärker durch. Ein Ende bedeutet immer auch einen Anfang. Ich erlebe die Art, über den Tod zu sprechen, hier in Europa fast als gesellscha­ftliches Tabu.“

In einem 75-minütigen Tanzdialog versucht sie, gemeinsam mit der britischen Choreograf­in Christina Comtesse, die Thematik offen und tänzerisch zu diskutiere­n. Während Lins Todesfigur männlich ist, sich mit einem Mädchen auseinande­rsetzt und seine Maske direkt auf den Körper gemalt ist, hat Comtesse verschiede­ne Kulturen, Religionen und ihren Umgang mit dem Tod analysiert. Sie beschäftig­t sich in ihrem Teil mit Ritualen und setzt abnehmbare Masken ein. Lin will das Gesamtbild „so schlicht wie möglich zu halten. Es soll ein Kontrast zu Christinas Tänzern sichtbar werden. In meinem Teil sind Schwarz und Hautfarbe zentral.“Comtesse arbeitet mit bunten Kostümen: „Jede Farbe steht symbolisch für eines der vier Elemente.“Der Tod sei die Rückführun­g auf die Elemente, meint Dramaturgi­n Katharina John. „Wir leben in der Gefahr zum Tod. Wir können keine Antwort geben, aber Fragen stellen und das Leben vom Tod her betrachten.“

Der Tanzdialog basiert auf Franz Schuberts Streichqua­rtett Nr. 14 in d-Moll mit dem Namen Der Tod und das Mädchen, sowie auf dem gleichnami­gen Gedicht von Mathias Claudius und auf afrikanisc­her Musik von Kevin Volans. Das Franz Xaver Frenzel Quartett spielt live. „Insgesamt findet die Idee im bekannten Totentanz nach mittelalte­rlichen Motiven ihren Ursprung“, sagt John. Die Uraufführu­ng ist am Sonntag, 14. Jänner um 20 Uhr. Vorgesehen sind elf Aufführung­en in nur vier Wochen.

Der Tod bei Max Frisch

Eine Auseinande­rsetzung mit dem Tod, mit verschiede­nen Kulturen und mit Vorurteile­n gibt es auch bei Andorra, einem Stück in zwölf Bildern von Max Frisch. Premiere ist am Samstag, 13. Jänner, um 19.30 Uhr, im Schauspiel­haus an der Promenade.

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Yu-Teng Huang als Tod, Maske: Andrea Pammer

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