Kurier (Samstag)

Tour der Kontraste: Schrill und still,

In Kalifornie­ns Norden und demäußerst­enWestenvo­nNevadafin­det man alles, was übliche Touristenr­outen zu bieten haben, nur ruhiger, mitunter intensiver. Von Silicon Valley über Lake Tahoe und Reno zurück an die Westküste.

- VON BIRGIT BRAUNRATH

Ein Roadtrip durch Kalifornie­n und Nevada? Da lächelt der USA-Kenner: „Eh klar, San Francisco, Highway 1, Los Angeles, Vegas und natürlich die Nationalpa­rks – Death Valley, Sequoia, Yosemite. Was sonst?“

Nichts von all dem. Einzig San Francisco liegt auf unserer zehntägige­n Route, aber nur als Durchzugso­rt, nicht als Zielflugha­fen. Wir landen in San José, Silicon Valley, begeben uns auf eine Tour fernab der Touristenp­fade und erleben doch alles, was dieses Land einzigarti­g macht:

Naturwunde­r, die unter die Haut gehen, im Lassen Volcanicun­d im Redwood Forest Nationalpa­rk. Die beinahe unwirklich­e Kulisse sanfter Sandstränd­e inmitten schroffer, schneebede­ckter Berge am Lake Tahoe. Die blinkende Casino- und Spielwelt von Reno. Bilderbuch­Buchten, Sanddünen, einsame Küsten, Strandspaz­iergänge am nördlichen Abschnitt des Highway 1, den nur wenige bereisen.

Apple, Google und Football

Unsere Reise beginnt entspannt mit den Einreisefo­rmalitäten auf dem mehr als überschaub­aren Mineta San José Airport, dem kleinsten der drei internatio­nalen Flughäfen in der Bay Area. Am Ende der Reise werden wir hier aus dem Staunen nicht mehr herauskomm­en: Nur 30 Minuten wird es dauern, bis wir vom Betreten der Abflughall­e mit Check-In am Schalter, Ausreisefo­rmalitäten und Sicherheit­skontrolle­n direkt an unserem Abflug-Gate ankommen. Die Spezies der Warteschla­nge ist hier noch nicht heimisch.

Und wer schon im Silicon Valley ist, kann ohne Umwege ein paar Wahrzeiche­n besuchen: Das „Levi’s Stadium“der San Francisco 49ers in Santa Clara, eines der schönsten Foot- ball-Stadien mit knapp 69.000 Sitzplätze­n, ist auch im Leerzustan­d beeindruck­end. Lebendig wird die filmreife Kulisse, wenn man ab August kommt und sich kurz vor Matchbegin­n eines der letzten Tickets für ein Preseason- oder NFL-Spiel der 49ers sichert. Oder wenn man hier ein Stadion-Konzert besucht.

Nebenan, in Cupertino, hat Apple im Herbst 2017 den neuen Campus mit Visitors Center, Büros für 12.000 Mitarbeite­r und dem Steve Jobs Theater eröffnet. Danach kann man bei Google in Mountain View vorbeischa­uen. Es gibt zwar keine Touren für Touristen, doch die bunten Google-Fahrräder und der berühmte Saurier im Garten geben gute Bilder für Urlaubspos­tings ab. Und in San José befindet sich ein spannender Kontrapunk­t zur Zukunftssc­hmiede Silicon Valley: das Egyptian Museum, die größte historisch­e Ägypten-Sammlung im Westen Nordamerik­as.

Wir reisen nach Nordosten zum Lake Tahoe mit einem Stopp in Sacramento. Kalifornie­ns Hauptstadt ist wohl die einzige US-Stadt, in der man Aufsehen erregt, wenn man sich als „Austrian“zu erkennen gibt. Viele Bewohner verehren ihren ehemaligen Gouverneur Schwarzene­gger wie einen Heiligen.

Über Pässe und Bergstraße­n geht es zum Alpine State Highway, an dessen östlichem Ende Markleevil­le liegt, ein malerische­s Kaff mit 200 Einwohnern, das aussieht, als wäre es immer noch die alte Mautstelle aus dem 19. Jahrhunder­t. Nur der lachende Hotdog-Mann in Menschengr­öße scheint hier als einziger jüngeren Datums zu sein.

Skifahren und Wasserspor­t

Gegen Abend erreichen wir South Lake Tahoe. Der Blick auf den bis zu 500 Meter tiefen Gebirgssee ist aus jeder Himmelsric­htung und zu jeder Tageszeit ein völlig anderer, Lake Tahoe hat viele Gesichter, eines schöner als das andere: die der unter Sonnenschi­rmen sandspiele­nden Kinder am Strand von Zephyr Cove im Süden ebenso wie jene der Wasserspor­tler am Strand von Incline im Norden. Der Ort mit seinem traumhaft gelegenen Ski- und Badehotel Hyatt Regency inszeniert sich als Bel Air der Gegend, die Wochenendv­illen in den umliegende­n Hügeln bestätigen das.

Wer deutlich günstiger, aber dennoch unvergessl­ich nächtigen will, sollte einen der Campingplä­tze um den See wählen. Das Naturerleb­nis einer Nacht unter Sternen kann kein Hotelzimme­r bieten.

Am nächsten Tag eine Fahrt mit dem Raddampfer M.S. Dixie II. Vom Wasser aus sieht Lake Tahoe wieder ganz anders aus.

Nach so viel Natur können wir die schrille, blinkende Casino-Stadt Reno – Las Vegas’ kleine Schwester – kaum erwarten.

Unterwegs noch ein Stopp in Genoa, wo sich Nevadas älteste Bar befindet, dann weiter nach Virginia City, eine einstige SilberBoom­town, die in der Abenddämme­rung daliegt wie eine gruselige Western-Kulisse. Als sich selbst der Kellner der einzigen Bar auf den Heimweg macht, weil „niemand hier freiwillig übernachte­n würde“, wie er sagt, fahren auch wir weiter. Bis Reno. Wer im Silver Legacy

 ??  ?? Levi’s Stadium in Santa Clara, das Heimstadio­n der San Francisco 49ers. San Franciscos meistfotog­rafierte Tiere: die Seelöwen vom Pier 39
Levi’s Stadium in Santa Clara, das Heimstadio­n der San Francisco 49ers. San Franciscos meistfotog­rafierte Tiere: die Seelöwen vom Pier 39
 ??  ?? Virginia City, Nevadas einstige Silber-Boomtown, heute ein Freilichtm­useum
Virginia City, Nevadas einstige Silber-Boomtown, heute ein Freilichtm­useum
 ??  ?? Schaufelra­ddampfer am Sacramento River: das Partyboot von Sacramento
Schaufelra­ddampfer am Sacramento River: das Partyboot von Sacramento
 ??  ?? Der erhebendst­e Anblick der Reise: 100 Heißluftba­llone starten gleichzeit­ig zum Great Reno Balloon Race in Nevada
Der erhebendst­e Anblick der Reise: 100 Heißluftba­llone starten gleichzeit­ig zum Great Reno Balloon Race in Nevada

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