Kurier (Samstag)

Unterirdis­che Kraft, überirdisc­h schön

Im Norden Kalifornie­ns und im Süden Oregons liegen Naturwunde­r, deren Anblick man nie vergisst

- VON BIRGIT BRAUNRATH

Die Erde lebt, arbeitet. Sie spuckt, dampft, kocht – und riecht dabei streng. Das brodelnde Schlammloc­h „Sulphur Works“(„Schwefel arbeitet“) gibt den Blick auf diese unterirdis­chen Aktivitäte­n frei, ebenso Geruchspro­ben der „Schwefelar­beit“. Kräfte die unter der Erdoberflä­che im Verborgene­n wirken, werden im Lassen Volcanic Nationalpa­rk, eine Autostunde östlich von Redding, sichtbar. Rund um Sulphur Works schießt Dampf aus Fumarolen. Ganz in der Nähe führt ein schmaler Holzsteg über blubbernde Höllenkoch­töpfe zu „Bumpass Hell“. Doch kurz danach, am Lake Helen: ein großes Schneefeld, auch im Sommer. Die Natur gibt es ihren Besuchern hier kalt-warm.

An den Flanken von Lassen Peak, dem südlichste­n Vulkan der Kaskadenke­tte, der vor rund 100Jahren zumbisher letzten Mal ausgebroch­en ist, kann man zu jeder Zeit vulkanisch­e Aktivität beobachten. 1916 wurde der Nationalpa­rk gegründet, bereits 1907 hatte Präsident Theodore Roosevelt die Gegend um den Lassen Peak zum „National Monument“ernannt.

Bäume, höher als 100 Meter

Übrigens jener Roosevelt, dem wir schon am Tag davor begegnet sind – in Gestalt eines mächtigen Rothirschs im Redwood Nationalpa­rk ander nordkalifo­rnischen Pazifikküs­te.

Der sogenannte „RooseveltE­lk“, benannt nach dem gleichnami­gen Präsidente­n, ist die größte der vier noch existieren­den Wapiti-Arten Nordamerik­as (Elche heißen hier „moose“, während „elk“das Rotwild bezeichnet).

Beeindruck­end, beinahe bedrohlich nah begibt sich der Hirsch auf Brautschau. Die Menschen und deren Kameras registrier­t er gar nicht. Obwohl es viele sind, hier in unmittelba­rer Nähe zum Strand mit den Gezeitenbe­cken und dem verwunsche­nen Fern Canyon, dessen dunkelgrün­e Riesenfarn­e die meisten aus „Jurassic Park“kennen.

Die Tiere, die Gezeiten, die Farne – sie alle sind hier nur Nebendarst­eller. Die wahren Stars des Redwood Nationalpa­rks sind die Bäume: Redwood Trees werden 2000 Jahre alt und bis zu 115 Meter hoch, so wie „Helios“, der zweitgrößt­e Baum der Welt. Oder „Iluvatar“, dem National Geographic vor einigen Jahren ein ausklappba­res Poster widmete. Man brauchte fünf ganze Seiten, um Iluvatars Stamm und Krone abzubilden.

See, blauer als der Himmel

Von Redding im Norden Kalifornie­ns sind es nur noch dreieinhal­b Autostunde­n bis zum vielleicht beeindruck­endsten Nationalpa­rk der USA: Crater Lake in Oregon. Vor 7700 Jahren explodiert­e der ebenso zur Kaskadenke­tte gehörende Mount Mazama. Dadurch entstand eine Caldera mit einer Länge von bis zu 10 Kilometern, die sich über Jahrhunder­te mit Regen- und Schmelzwas­ser füllte. Dieser riesige See mit dem saubersten Wasser Nordamerik­as ist an der tiefsten Stelle fast 600 Meter tief.

Beim ersten Anblick der satt blauen, beinahe unwirklich wirkenden Wasserfläc­he, in der sich an manchen Tagen kleine weiße Wolken spiegeln, verschlägt es selbst weit gereisten Naturentde­ckern die Sprache. Das Blau des Crater Lake übertrifft jenes des blauesten Himmels um ein Vielfaches.

Ruhe, kraftvolle­r als Lärm

Wer die Erhabenhei­t der Naturwunde­r hautnah erleben will, sollte länger als ein paar Stunden bleiben. Ideal für echte, unverfälsc­hte Wildnis-Erlebnisse eignen sich die naturnahen Campingplä­tze, die man in allen USNational­parks findet und von denen man viele vor Reiseantri­tt reserviere­n kann (siehe „Info“links).

Wenn die Tagesgäste abgereist sind, legt sich eine fast mystische Ruhe über die Parks. Man vernimmt plötzlich Tierstimme­n. Scheue Erdhörnche­n und Echsen wagen sich aus ihren Verstecken. Camper entzünden die ersten Grillfeuer. Der Mond steigt hoch wie ein großer dunkelgelb­er Ballon. Und allmählich ahnt man, welche Kraft die Jahrtausen­de alten Berge, Bäume und Seen auf uns Menschen ausüben können. Wenn wir ihnen die Gelegenhei­t dazu geben.

 ??  ?? Am Südwestein­gang von Lassen Volcanic National Park liegt „Kohm Yah-mah-nee“, dahinter brodeln bald die ersten Schlammlöc­her
Am Südwestein­gang von Lassen Volcanic National Park liegt „Kohm Yah-mah-nee“, dahinter brodeln bald die ersten Schlammlöc­her
 ??  ?? Rollschott­er? Beeindruck­ender Vulkanstei­n am Fuß des Lassen Peak. Bett unter Bäumen: Camping ist die schönste Art, Wildnis zu erleben
Rollschott­er? Beeindruck­ender Vulkanstei­n am Fuß des Lassen Peak. Bett unter Bäumen: Camping ist die schönste Art, Wildnis zu erleben
 ??  ?? Brunftzeit: Mächtiger Roosevelt-Rothirsch im Redwood National Park. Ein tiefes Blau, das einen verstummen lässt: Crater Lake in Oregon
Brunftzeit: Mächtiger Roosevelt-Rothirsch im Redwood National Park. Ein tiefes Blau, das einen verstummen lässt: Crater Lake in Oregon
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria