Im Zeichen der Ringe: Ein Land mit
Der Olympia-Gastgeber zeigt sich vor den Winterspielen 2018 von seiner besten Seite. Ein Streifzug durch Klöster und Berge, an modernen Sportstätten vorbei bis hin zu den langen Sandstränden am Ostmeer.
Was ist dieses Südkorea nun eigentlich? Hightech-Nation mit MegaStädten wie Seoul mit seinen elf Millionen Einwohnern?
Ländliches Gebiet, wo sich im Herbst die Nachbarn und Familien treffen, um gemeinsam Kimchi zuzubereiten, den fermentierten Chinakohl, der nicht zuletzt wegen seiner Chili-Note zu fast jedem Gericht gehört?
Oder vielleicht doch ein Badeparadies mit kilometerlangen Sandstränden wie am Ostmeer, wie die Koreaner das Japanische Meer nennen?
Die Antwort ist einfach: Südkorea ist alles zugleich. Und weil es auch noch Bergland hat, darf sich die 51-Millionen-Einwohner-Nation 2018 Ausrichter der olympischen Winterspiele nennen. Karten gibt es für jene Bewerbe, die die Einheimischen eher weniger interessieren (also alles außer Eiskunstlauf, Shorttrack und Eisschnelllauf) noch zur Genüge – und wer in eine Kultur eintauchen will, die sich abseits der Metropolen eher gemächlich dahinbewegt, dem sei eine Reise wärmstens empfohlen.
Am Strand
Einmal dem Großraum Seoul entflohen, zeigt sich vor allem Überraschendes. Die 230.000Einwohner-Stadt Gangneung, direkt am Ostmeer, das nicht zuletzt wegen der Zeit der japanischen Besatzung in Südkorea so genannt wird, hat gewaltige Sandstrände und ist im Sommerhalbjahr eines der Hauptziele für Badewillige.
Und auch in der kalten Jahreszeit zieht es die Einheimischen an die Küste. Zu Hunderten bevölkern sie die Strände und lassen Drachen steigen, große, kleine, lange, kurze, manche steigen mehr als hundert Meter in die Höhe. Am Anmok-Strand ist auch die Kaffeestraße, und wer hier in einem der Kaffeehäuser einkehrt, der bekommt einen Eindruck davon, welch einen Boom dieses Heißgetränk in Südkorea erlebt. Und das ganz ohne die Hilfe der großen Ketten aus den USA: Die Südkoreaner rösten ihren Kaffee selbst, sie nutzen ihn, um Gebäck zu kreieren – der Pro-Kopf-Verbrauch hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt und liegt derzeit bei 2,3 Kilo pro Jahr (was aber immer noch weit weniger ist als die 8,3 Kilo in Österreich).
In Gangneung ist auch das Revier der Eissportler: Die Hallen für Curling, Eishockey, Eiskunst- und -schnelllauf sowie die Shorttracker wurden hier errichtet. Um den Weg von der Hauptstadt Seoul so kurz wie möglich zu halten, wurde eine neue Hochgeschwindigkeitsbahnlinie durch die Hügel geschlagen, auch eine neue Autobahn überbrückt und untertunnelt die 170 Kilometer.
In der Stadt selbst geht es nicht viel hektischer zu als am Strand, und auf dem Markt gibt es bis in die Abendstunden alles nur Erdenkliche – und allein ein Blick auf das enorme Sortiment an frischen und getrockneten Fischen lässt den Besucher staunen. Und ein Abstecher ins Nachtleben zeigt: Nicht nur KPop, jene elektronische Musik, die ihren weltweiten Zenit im Lied „Gangnam Style“von Psy erreicht hat, können die Südkoreaner – sie haben auch viele gute (Klein-)Brauereien.
In den Bergen
Rund 60 Kilometer weiter westlich wurde in Pyeongchang eines der drei Zentren für die Schneesportarten errichtet. Im Ort selbst sind Nordische und Biathleten engagiert, und nur ein paar Schneeballwürfe vom Stadion wird verständlich, warum die Südkoreaner das Barbecue zu einem ihrer Nationalgerichte gemacht haben. Im Tisch wird ein Holzkohlengrill versenkt, und zu einem Berg zartesten Rindfleischs wird eine Vielzahl an Schüsselchen gereicht, gefüllt mit (natürlich!) Kimchi, Seegras und gegrillten Pfefferschoten, Salat und vielem mehr.
Noch beschaulicher wird es, je weiter der Weg in die Berge führt. Dort finden sich die buddhistischen Klöster, und der Woljeongsa-Tempel, inmitten eines Parks gelegen, ist ein Hort der Stille. Besucher sind willkommen, um sich an den Gebeten zu beteiligen oder auch nur, um die Zeremonie zu verfolgen, und allein die filigranen Details an den mächtigen Holzbauten lassen erahnen, welche Bedeutung der Buddhismus einst in Südkorea hatte. Längst empfangen die Klöster Gäste zum Meditieren, die dort für Stunden, Tage oder Wochen das zurückgezogene Leben der Mönche teilen, doch bedeutender als der Buddhismus (rund 24 Prozent der Bevölkerung) ist heutzutage eine andere Religion: Rund 31 Prozent der Südkoreaner sind Christen, sieben sind Anhänger des Schamanismus, 31 Prozent sind ohne Bekenntnis.
Durch die Täler fährt man entlang großer landwirtschaftlicher Flächen, auf denen vielfach Chinakohl angebaut wird. Und in den Städten lebt diese Tradition in modernerer Form fort: Viele Haushalte haben zwei Kühlschränke, einen für alles außer Kimchi – und einen für den fermentierten Chinakohl, der in den Hightech-Geräten fast so wohlbehütet reifen darf wie draußen auf dem Land.
In der Hauptstadt
Vor dem Rückflug sei zumindest eine Übernachtung in Seoul empfohlen. Ein Besuch im Changdeokgung, dem Palast des letzten Königs, und ein Bummel am 8,4 Kilometer langen Cheonggyecheon-Bach, der einst unter einer Schnellstraße verborgen war und seit der Sanierung von 2003 bis 2005 nun wieder durch das Stadtzentrum f ließt, vermitteln einen Eindruck jener Ruhe, die die Südkoreaner sonst in den Klöstern in den Bergen suchen und auch finden. Gleich daneben tost die Hektik der Metropole – doch das ist eine ganz andere Geschichte.