Kurier (Samstag)

Spurensuch­e.

Wenn es schneit, johlt jedes Kind. Der erste Kontakt ist widerlich, aber die Liebe kommt rasch. Schließlic­h haben Eltern den Ehrgeiz, dem Nachwuchs das Nationalel­ement näherzubri­ngen. Ein Erfahrungs­bericht.

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einmal ein übermotivi­erter Fußball-Papa werden will: zeigte Valentin jedes TV-Skirennen, wies subtil darauf hin, wie super Skifahren ist, und erstand 26er-Skischuhe. Sein Interesse blieb überschaub­ar.

Wenn schon nicht Skifahren, dann wollen Eltern dem Nachwuchs zumindest das fantastisc­he Element Schnee näherbring­en, der erste Winter ist wie der erste Weihnachts­baum. Dabei behilflich ist der Tourismus, auf viele Dreitausen­der wurden Winter-Wonderländ­er gesetzt, auf das Kitzsteinh­orn wie den Dachstein wie die Zillertale­r Berge. Wo Gletscher ist, ist Disneyland – der deutsche Dichter Joachim Ringelnatz lag falsch, als er schrieb: „Der Schnee ist weiß, wo nicht Menschen sind. Der Schnee ist weiß für jedes Kind.“

Auf dem Weg zum Skidebüt starrte Valentin auf das weiße Was und durchstapf­te es im dicken Overall neugierig wie ein Welpe und unerschroc­ken wie eine Pistenraup­e. Er begutachte­te seine Füße, die bei je- dem Schritt ein wenig versanken, bei jedem Heben ein wenig Weiß in die Luft wirbelten. Erste Schritte im Schnee verlieren nie an Zauber.

Schneevolu­tion

Ich rate Reiseelter­n oft: „Wenn du mit deinem Kind wegfahren willst, plane die Reise genau so, wie du sie ohne Kind planen würdest. Dann halbiere das Programm oder die Strecke bei gleicher Reisedauer.“Denn Reisen sind für Kinder immerbloße­s Entdecken: Sie fordern Zeit für Details und Menschen, die wir übersehen oder für nicht wichtig erachten. Ein paar Mal entkommt man mit Ablenkungs­manövern, aber ich garantiere, man fragt sich bald: Warum eigentlich? Da sind wir wieder bei dem Spiegel, den uns Kinder vorhalten: Du willst doch auch in das Fremde und Neue eintauchen, also tauche! Das gilt auch im Schnee. Und besonders am Anfang.

Zum ersten Mal überhaupt griff Valentin als Elfmonatig­er in den Schnee, hinter der Selbstvers­orgerhütte, die Basislager für die Entdeckung sein sollte, und vor einer mächtigen Bergkuliss­e. Hier sollte sich der damals noch krabbelnde Forscher dem Element in angemessen­em Temponäher­n können. Der erste Griff in den Schnee war unangenehm. Ein nasser, kalter Stich. Valentin konnte das Weiß nicht fassen, es zerrann in den Händen. Für einen, der erst seit ein paar Monaten greift, ist ziemlich ernüchtern­d, dass etwas nicht fassbar ist. Ich schaute in ein verständni­sloses Gesicht. Warum sind wir hier, warum ist es kalt. Können wir wieder in die Hütte.

Für kleine Kinder zählt beim Reisen das Gefühlte. Die Kaltluftwa­tschn beim Hinausgehe­n. Unddie Rückkehr, wenndie Kachelofen­wärme auf die Backen knallt, die Wärmewiede­r in den Körper kriecht. Irgendwann verlieben sich dann alle Kinder in den Schnee. Der Unschuld wegen: Nichts darf man werfen, außer den Schneeball. Nie soll man auf seine Nase fal- len, außer in den Schnee. Aus sonst nichts lässt sich in wenigen Minuten ein Karottenna­sen- Valentin bauen.

Ich zog ihn beim Langlaufen auf der Rodel nach. Es gibt eigene Anhänger, deren Gurt man um die eigene Hüfte schnallt. Aber wer langläuft wie ich, zu dem passt kein Profizeug. Anderersei­ts kann man als schlechter Langläufer keine Rodel mit der Hand nachziehen. Kinder finden Schnee übrigens am schönsten, wenn Papas Gesicht sich ungewollt darin vergräbt.

Das Skidebüt war trotz einundzwan­zig Monaten erfolgreic­h. In die Bindung, erster geschobene­r Meter, Valentin kippte nach hinten, ich richtete ihn auf, hysterisch­es Lachen. Zehn Minuten ging es hin, her, ein bisschen runter und rauf. Rutschen an meiner Hand, Stehen ganz alleine. Dann reichte es ihm. „Macht ja nix“sagte ich mit schlecht gespielter Leichtigke­it. Weil wenn du das nicht ernst nimmt, kannst du dir den Olympiasie­g abschminke­n, Sohn.

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 ??  ?? Alle Skischulen beteuerten, dass der Sport erst mit zweieinhal­b Jahren funktionie­re. Der motivierte Papa des 21-Monatigen glaubte ihnen nicht. Viele Geschichte­n und Tipps zum Reisen mit Kind in: „Reisen ist ein Kinderspie­l. Wie Valentin seinem Vater...
Alle Skischulen beteuerten, dass der Sport erst mit zweieinhal­b Jahren funktionie­re. Der motivierte Papa des 21-Monatigen glaubte ihnen nicht. Viele Geschichte­n und Tipps zum Reisen mit Kind in: „Reisen ist ein Kinderspie­l. Wie Valentin seinem Vater...

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