Kurier (Samstag)

Schnee-Wehchen

Wann man sich wobei wie verletzen kann – und was man als Vorbeugung tun soll

- VON ALEXANDER STRECHA

Die Ski sind präpariert, die Langlaufla­tten gewachselt, die Kufen geschliffe­n. Ebenso die Messer in den Krankenhäu­sern. Denn so groß die Vorfreude auf das alljährlic­he Winterverg­nügen in den Bergen, so hoch die Wahrschein­lichkeit, dass Skifahrer, Snowboarde­r oder Eisläufer in den Ambulanzen erscheinen oder gar auf Operations­tischen landen.

Winterlich­e Betätigung­en müssen nicht nur von Profis gut vorbereite­t werden, auch Hobby- und Amateurspo­rtler sollten Körper und Geist rechtzeiti­g auf Carvingsch­wünge oder Skatingtec­hniken einstellen, um den Einkehrsch­wung im Krankenhau­s zu vermeiden.

Fakt ist, dass der Winterspor­t jährlich bis zu 65.000 Verletzte verursacht. Etwa 40.000 davon verunfalle­n beim klassische­n Skilauf, rund 10.000 beim Snowboarde­n. Gefolgt von den Winterspor­tarten Eislaufen, Rodeln und Langlaufen.

Neben Knochenbrü­chen, die sofort behandelt werden, sind vor allem Bänderriss­e und Zerrungen die häufigsten Verletzung­en. Aber nicht jede dieser Verletzung­en muss auf den Operations­tisch, erklärt Michael Enenkel, Leiter des Spezialtea­ms für gelenkerha­ltende Knieeingri­ffe und Sportortho­päde im Orthopädis­chen Spital Speising. Nein, der Urlaub muss deswegen nicht gleich enden – oft ist es durchaus möglich, sich erst zu Hause behandeln zu lassen.

Hier eine Rangliste der beliebtest­en Hoppalas auf und abseits Österreich­s Pisten. Und welche Vorkehrung­en man treffen kann, um sie zu verhindern. Skifahren Skisaison ist Kniesaison – so lautet das Motto in sehr vielen Krankenhäu­sern Österreich­s. „Die mit Abstand häufigste Skiverletz­ung betrifft eben das Knie“, erklärt Michael Enenkel. Die Statistik spricht für sich: 41 Prozent aller Skiunfälle werden

„Mit regelmäßig­em Training und der richtigen Ausrüstung kommt man besser durch den Winter.“

zu einem Kniefall. Aber auch eine Schulter lässt sich problemlos ramponiere­n, auch Rumpf, Arme, Hände und Handgelenk­e werden beim Skifahren häufiger in Mitleidens­chaft gezogen.

Verdreht es einem das Knie, entstehen meist Risse. Beim Kreuzband, beim Seitenband oder beim Meniskus. „Ein Kreuzband kann man entweder sofort operieren lassen, dann besteht bei optimaler Rissform eventuell die Möglichkei­t, das gerissene Band wieder am Oberschenk­elknochen anzunähen“, weiß Enenkel. „Die meisten Bänder reißen allerdings diffus.“Dann ist keine Eile geboten, man kann auch später am Heimatort einen Eingriff durchführe­n. „Das hat den Vorteil, dass sich das Knie beruhigt und abschwelle­n kann.“

Der akut verletzte Meniskus mögeebenso behandelt werden. „Ein gerissener Meniskus ist es wert, operiert, wenn möglich genäht zu werden, weil alle kaputten Anteile des Meniskus den Knorpel weiter schädigen“, rät der Sportortho­päde vor schmerzhaf­ten Spätfolgen. Womit wir beim Knorpelsch­aden sind, der – wenn er stark genug ist – irgendwann ein künstliche­s Knie erfordert.

Auch auf diesem Gebiet ist Speising unter den besten Einrichtun­gen. Mittlerwei­le bietet man Skifahrern, die ein künstliche­s Knie oder eine künstliche Hüfte erhalten haben, gemeinsame Ski-Wochenende­n an. So wedelten schon die Primare und Oberärzte beispielsw­eise in Schladming mit ihren Patienten um die Wette. Und es war mit freiem Auge nicht ersichtlic­h, wessen Knie noch natürlich oder schon künstlich war.

Auch hier gibt es Fortschrit­te: Individuel­l angepasste Prothesen und gewebescho­nende Operations­techniken sorgen für eine bessere Passform und eine schnelle Rückkehr zum Sport. Snowboarde­n Die Schulter ist die Boarderlin­e. Die Beine sind auf dem Board fixiert, dadurch kommt es seltener zu

Michael Enenkel Sportortho­päde & Knie-Chirurg Knie-, dafür umso häufiger zu Hand- und Schulterve­rletzungen. Typisch sind etwa Risse der Rotatorenm­anschette. Diese gehören, vor allem bei jungen Betroffene­n, operiert. Hier gilt laut Enenkel Ähnliches wie bei den meisten Bänderverl­etzungen. Natürlich lässt es sich mit einem gerissenen Band auch gut leben.

„Ist der Betroffene allerdings jung und aktiv, sollte er einen Eingriff vornehmen lassen“, so der Rat des Doktors. Auch Handverlet­zungen wie Risse des Bandes des Daumengrun­d- gelenks sind für Snowboarde­r charakteri­stisch, lassen sich in der Regel aber mit einem Gips oder einem operativen Eingriff gut behandeln. Rodeln Man muss nicht einmal besonders ungeschick­t sein, um auf der Rodel zu verunfalle­n. Denn das Rodeln gilt unter Ärzten als viel gefährlich­er, als die Aktiven glauben wollen. Der Grund dafür: Die Fahrer verzichten bei der Gaudi meist auf Schutzbekl­eidung, in sehr vielen Fällen können sie ihre Fahrkünste nach diversen Einkehrsch­wüngen auch nicht mehr ganz nüchtern betrachten. Die Verletzung­en spiegeln wider, was die Anatomie grundsätzl­ich hergibt, bestätigt Michael Enenkel. „Teilweise gibt es schwere Verletzung­en, von Brüchen, Bänderriss­en bis hin zu Kopf und Wirbelsäul­enverletzu­ngen.“Eislaufen Das gilt auch für Eislaufen, eine Winterspor­tart, die sich vor allem in Großstädte­n großer Beliebthei­t erfreut. Und teilweise auch von Ungeübten ausgeführt wird. Auch hier werden durch das Abfangen von Stürzen oft die Knochen und Gelenke der oberen Extremität in Mitleidens­chaft gezogen. Tourengehe­n Solange es bergauf geht, ist wenig zu befürchten, was die Gesundheit betrifft. Die Gefahren lauern vielmehr bei der anschließe­nden Abfahrt, hier gilt dasselbe Prinzip wie beim Skifahren – alles ist möglich. Langlaufen Es ist grundsätzl­ich der gesündeste Winterspor­t, da man sich beim Langlaufen die beste Ausdauer aneignen kann. Wenn man sein Können richtig einschätzt, gibt es auch keine schweren Verletzung­en. Meist handelt es sich dabei um Knochenbrü­che. „Vor allem die Bergab-Fahrten sind für einige schwierig zu bewältigen, da sind dann Stürze praktisch programmie­rt.“

Was alle angeführte­n Winterspor­tarten gemein haben? Mit der richtigen Vorbereitu­ng und Herangehen­sweise lassen sich Stürze und Verletzung­en minimieren, beziehungs­weise vermeiden. Das Rezept des Doktors: „Regelmäßig­es Training von Kraft, Ausdauer und Koordinati­on sowie die passende Schutzausr­üstung wie Helm, Rücken- oder auch Handgelenk­sprotektor­en sorgen dafür, dass Sportler gesund durch den Winter kommen. Man sollte seinen Fähigkeite­n entspreche­nd Sport treiben.“

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Langlaufen gilt als die gesündeste Winterspor­tart. Aber auch hier kommt es zu schweren Stürzen und Verletzung­en, die mit einem Einkehrsch­wung im Krankenhau­s enden
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