Enttäuschend ambitionslos
Sebastian Kurz und Heinz Christian Strache versprachen im Wahlkampf viele Neuerungen. Wo bleiben sie?
„Der Ursch bleibt derselbe, es ändert sich nur die Farbe der Fackerl, die daraus fressen.“Dieser Satz eines Bauern, der damit seine Illusionslosigkeit über Regierungswechsel ausdrückt, hat angesichts des BUWOG-Prozesses gegen Karl Heinz Grasser und seine Freunde durchaus seine Berechtigung.
Das Programm der neuen schwarz-blauen Koalition ist über weite Strecken enttäuschend ambitionslos. Ein negativer Höhepunkt ist die Beibehaltung der Raucherregelung. Obwohl Österreich hier im internationalen Vergleich hinterherhinkt, kommt es zu keinen Verbesserungen. Dass ein generelles Rauchverbot kein Problem wäre, zeigt das Gasthaus Haudum in Helfenberg.
Seit Jahren reformbedürftig ist das Pensionssystem. Seniorenbundpräsidentin Ingrid Korosec schlägt ein flexibles Modell vor, wonach jede/r selbst mit entsprechenden Zu- und Abschlägen entscheidet, wann er in den Ruhestand treten will. Leider findet sich davon nichts im Regierungsprogramm. Die neue Regierung schließt hier nahtlos an die große Koalition an, indem sie lediglich darauf verweist, dass das tatsächliche Antrittsalter von 60 Jahren an das gesetzliche von 65 Jahren angehoben werden soll.
Aktiv will die Regierung hingegen bei den Sozialversicherungen sein. Sie sollen alle zusammengelegt werden. Hier taucht im Hintergrund ein bürokratisches Monster auf, das vermutlich teurer sein wird als die jetzigen Lösungen. Das Ziel, österreichweit bei allen Gruppen eine Beitrags- und Leistungsgerechtigkeit herzustellen, ist ein begrüßenswertes. Doch scheint dabei die ÖVP ihren Grundsatz der Subsidiarität zu vergessen, wonach jede Einheit die Aufgaben selbst lösen soll, wozu sie imstande ist. Dabei hat Kanzleramtsminister Gernot Blümel eine Diplomarbeit über die Christliche Soziallehre geschrieben. Dort kommen zur Subsidiarität noch drei weitere Grundsätze zum Tragen. Die Lösungen sollen menschen-, gesellschafts- und sachgerecht sein.
Die größte negative Überraschung von Schwarz-Blau sind die Zentralisierungstendenzen. Die Landesparteien von ÖVP und FPÖ sind mit ihren Bundesführungen darüber in intensive interne Auseinandersetzungen verwickelt. Sie klagen unisono über fehlendes Verständnis für die Länder. josef.ertl@kurier.at