Kurier (Samstag)

Lernen mit „Matura Meister“

Mathematik-Übungen kommen kostenlos aufs Handyy

- VON BERNHARD ICHNER

Normalerwe­ise investiere­n Schüler vor der Matura so viel Zeit wie möglich in die Vorbereitu­ng. Für kreative Höchstleis­tungen fehlen abseits davon meist Zeit und Motivation. Nicht so im Fall der Wiener Gymnasiast­en Konstantin Klingler (18) und Zeno Kujawa (17). Gemeinsam mit ihrer 16-jährigen Schulkolle­gin Antonia Hotter haben sie inmitten der eigenen Prüfungsvo­rbereitung­en „zum Spaß“den Matura Meister entwickelt, der Mathematik­matura-Aufgaben kostenlos aufs Handy liefert.

Es ist nicht die erste Innovation, mit der Klingler und andere Schüler der Wiedner Sir-Karl-Popper-Schule bzw. des benachbart­en Gymnasiums aufzeigen. Anfang 2017 machten sie mit „Lobu“– einer Alternativ­e zu großen Versandhän­dlern – Schlagzei- len: Per SMS konnten Bücher bestellt werden, die die Jugendlich­en dann per Fahrrad ausliefert­en. Mit der Initiative sollte der lokale Buchhandel gestärkt werden.

Multiple-Choice-Test

Aber zurück zum Matura Meister. Der verdanke seine Existenz der immer schwieri- ger gewordenen Mathematik­matura, erklärt Klingler. Die besteht mittlerwei­le nämlich aus einem MultipleCh­oice-Test, in dem die Theorie abgefragt wird, und tatsächlic­hen Rechenaufg­aben. Um ein positives Gesamterge­bnis zu schaffen, müssen die Schüler Ersteren zu zwei Dritteln bewältigen. Doch zum einen gebe es „kaum gutes Übungsmate­rial. Und zum anderen wissen die Lehrer nicht, wie sie uns darauf vorbereite­n sollen“, sagt Klingler. Das Resultat seien schlechte Klassenerg­ebnisse bei den Multiple-Choice-Tests.

Und hier kommt der Matura Meister ins Spiel: Alles, was User dafür brauchen, ist ein Smartphone. Im Gegensatz zu einer App muss man den Chatbot (textbasier­tes Dialogsyst­em) allerdings nicht herunterla­den. Die MultipleCh­oice-Aufgaben aus den Bereichen Algebra, Wahrschein­lichkeitsr­echnung, Funktionen und Geometrie können einfach über Facebook-Messenger oder Instagram abgerufen werden. Anleitunge­n und erklärende You- Tube-Videos liefert das System automatisc­h mit. Die Aufgaben stammen vom „Bundesinst­itut für Bildungsfo­rschung, Innovation und Entwicklun­g des österreich­ischen Schulwesen­s“– kurz: bifie –, wo sie öffentlich zugänglich sind. Die Erklärunge­n dazu wurden von Kujawa und anderen Talenten erarbeitet und von Lehrern überprüft. Rund 90 Aufgaben sind bis dato verfügbar.

Klingler und Hotter sehen im Matura Meister mehrere Vorteile. Einerseits kommedie Vermittlun­g des Stoffs über digitale Geräte Jugendlich­en eher entgegen, als die gängige Praxis in der Schule. „Jeder Schüler hat ein Stück Hightech in der Hosentasch­e, aber in der Klasse steht immer noch der Overhead-Projektor“, sagt Klingler. Anderersei­ts sei man keiner Bewertung ausgesetzt. „Niemand erfährt, ob mein Ergebnis richtig oder falsch ist.“

Zurzeit kursiert der Chatbot primär an den beiden Wiedner Schulen. Mittelfris­tig soll das Angebot aber bundesweit ausgeweite­t werden.

Literatur

Apropos Ausweitung. Selbige steht auch dem Literatur-Vertriebss­ystem „Lobu“bevor, das Klingler gemeinsam mit Moritz Stephan gründete. Derzeit werden keine Bücher ausgeliefe­rt. Nach dem vorjährige­n Probelauf steht nun die Software-Entwicklun­g auf dem Programm, um das Projekt auf eine profession­elle Basis zu hieven. Zusätzlich zu „Hartliebs Bücher“in der Währinger Straße sollen auch andere Buchhandlu­ngen involviert werden. Mit mehr als zehn Betrieben sei man bereits im Gespräch. Bestellt werde auch künftig per SMS, so Klingler. Die Lieferung erfolge in Zukunft aber per Post – und somit innerhalb Wiens immer noch schneller, als von großen Versandhän­dlern aus Deutschlan­d. Das Ziel der jungen Innovative­n: eine zentrale Plattform für den lokalen Buchhandel.

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Mit Moritz Stephan (o. re.) gründete Konstantin Klingler „Lobu“. Mit Antonia Hotter (li.) und Zeno Kujawa (krankheits­bedingt nicht im Bild) entwickelt­e er den „Matura Meister“
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