Bilanz 2017 Kriminalität in Österreich deutlich gesunken
Laut den Rohdaten des Innenministeriums gibt es auch weniger tatverdächtige Asylwerber
Erst diese Woche hat FPÖ-Innenminister Herbert Kickl eine schärfere Gangart gegen kriminelle Asylwerber angekündigt. Er verwies dabei auf den Sicherheitsbericht 2016. Doch die neuesten, noch unveröffentlichten Zahlen, die dem KURIER aus dem Innenministerium vorliegen, belegen, dass sich die Situation 2017 entspannt hat. Laut diesen vorläufigen Daten ist die Zahl der Strafanzeigen um mehr als fünf Prozent gesunken. Die Anteil der tatverdächtigen Ausländer liegt bei bei 39 Prozent, es wurden weniger Asylwerber angezeigt.
Als einer, der hart durchgreifen wird – mit dieser Ansage hat sich FPÖ-Innenminister Herbert Kickl am Mittwoch vor die Presse gestellt. Er beklagte die hohe Kriminalität bei Flüchtlingen und kündigte an, die Regierung werde „auf die Entwicklung mit einer sehr, sehr strengen Asylpolitik antworten“. Als Grundlage für seine Pläne dient der Sicherheitsbericht 2016, die Zahlen sind also schon mehr als ein Jahr alt. Tatsächlich ist 2017 die Zahl der tatverdächtigen Asylwerber deutlich gesunken.
Das geht aus der Kriminalstatistik 2017 hervor, die vom Innenministerium aber vermutlich erst im März präsentiert werden soll. Inoffiziell gibt es die entsprechenden Zahlen schon seit 1. Jänner. Der KURIER kennt die Rohdaten, die mit zu den am besten gehüteten Geheimnissen der Republik zählen, bereits. Dort ist belegt, dass die Zahl der angezeigten Fälle im Vorjahr deutlich zurückgegangen ist. „Die Erfahrung zeigt“, so ein Insider, „dass die Rohdaten im Wesentlichen den später veröffentlichen offiziellen Statistiken entsprechen.“
In den Dokumenten des Ministeriums ist von 509.792 „gerichtlich straf bare Handlungen“die Rede – ein Minus von 28.000 angezeigten Fällen bzw. einen Rückgang von 5,2 Prozent (siehe Grafik). Den größten Rückgang gibt es bei Einbruchsdelikten – sei es in Häuser, Wohnungen, Keller oder Firmen. Während 2016 noch mehr als 10.000 Autoeinbrüche verzeichnet wurden, waren es im Vorjahr rund 7500. Diese Bereiche sind besonders wichtig, be- treffen sie doch den unmittelbaren Lebensbereich der Menschen. Sie sind damit für das subjektive Sicherheitsgefühl mitverantwortlich, sagen Experten.
Rückläufig war im Vorjahr auch die Zahl der Gewaltdelikte (42.071), rund 1000 Anzeigen weniger bedeuten ein Minus von 2,4 Prozent. Taschen- bzw. Trickdiebstähle gingen um ein Fünftel zurück, Raubdelikte um knapp 18 Prozent. Statt knapp 3000 gestohlenen Autos 2016 wurden im Vorjahr 2660 gemeldet. Und auch bei Sachbeschädigung und Körperverletzung verzeichnete man einen leichten Rückgang.
Aufklärung
Die Bilanz stellt den Polizeiermittlern ein gutes Zeugnis aus. Gegenüber 2016 konnten deutlich mehr Fälle geklärt werden. Bei Kellereinbrüchen wurden etwa doppelt so viele Langfinger gefasst. Bei Kfz- und Firmeneinbrüchen war man dagegen weniger erfolgreich, hier sank die Aufklärungsquote.
Eine Erklärung, warum die Zahlen rückläufig sind, liefert die Statistik nicht. Spricht man aber mit Ermittlern, so nennen diese gleich mehrere Gründe: Zum einen hätten sich die verstärkten Kontrollen, die im Zuge der Flüchtlingskrise begonnen wurden, bezahlt gemacht. „Die reisenden Täter hat das einfach abgeschreckt“, sagt ein Kriminalist. Zudem sei das Vertrauen in die Exekutive wieder gestiegen. „Wir bemerken, dass sich mehr Bürger bei uns melden und uns auch immer wieder gute Hinweise liefern.“
Insgesamt konnten Polizeibeamte im Vorjahr fast jeden zweiten Fall lösen – die Aufklärungsquote (49,7) stieg um knapp vier Prozent.
Der Rückgang der angezeigten Fälle ist übrigens in der Ostregion am höchsten. Wiewohl die Bundeshauptstadt mit fast 190.000 Straftaten das Kriminal-Ranking deutlich anführt. Das zeigt sich auch bei einer statistisch aussagekräftigen Betrachtung: In Wien gab es mehr als 100 angezeigte Fälle pro 1000 Einwohner. Bundesweit waren es knapp 60. Am Ende der Liste: OÖ (43,8), NÖ (42,9) und das Burgenland (33,0).
Wo Licht, da Schatten: Bereits Ende 2016 hatte die Generaldirektorin für die Öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis, eine deutliche Zunahme von Cybercrime-Delikten angedeutet. Die aktuellen Zahlen bestätigen dies überdeutlich. Besonders die Zunahme beim Internetbetrug muss den Ermittlern Sorge bereiten. 11.760 registrierte Fälle bedeuten ein Plus von fast 2100 Straftaten. Andere Arten von Cybercrime-Attacken schreiben ein Plus von fast 35 Prozent. Die Polizei stemmt sich dagegen: 2017 konnten mehr OnlineBetrüger ausgeforscht werden und bei Cybercrime wurden doppelt so viele Fälle geklärt wie noch 2016.
Der Anstieg der Anzeigen bei Cybercrime sei, so Kard- eis im Dezember, nicht nur auf die gestiegene Sensibilität der Bevölkerung zurückzuführen. „Der Kriminelle ist am Puls der Zeit.“Wichtig sei daher auch, bei der Prävention in der Bevölkerung am Puls der Zeit zu sein.
Ausländer
2017 wurden 20.100 Asylwerber als Verdächtige einer Straftat geführt. 2016 waren es noch 22.288. Damit ist die Zahl der tatverdächtigen Asylwerber um knapp zehn Prozent gesunken.
Die Gesamtzahl aller 2017 ermittelten Tatverdächtigen ist mit 270.279 nahezu gleich geblieben (2016: 270.159). 105.741 Tatverdächtige waren keine Österreicher (39,1 Prozent, wie auch 2016).