Kurier (Samstag)

FP bremst, VP lässt grünes Licht für Job-Zugang von Kroaten noch offen

Billig-Arbeitskrä­fte. Kroatien draußen, Drittstaat­en rein? Eine politisch heikle Entscheidu­ng für die Regierung.

- VON MICHAEL BACHNER

Abschottun­g des Arbeitsmar­ktes oder Öffnung für (Billig-)Arbeitskrä­fte, die in Österreich nachgefrag­t werden? Vor dieser Frage steht die Bundesregi­erung und sie hat hohes Konflikt-Potenzial zwischen ÖVP und FPÖ.

Die Volksparte­i spielt noch auf Zeit und lässt die Frage der Arbeitsmar­ktöffnung für das EU-Mitglied Kroatien lieber erst einmal prüfen. Bis Ende Juni muss entschiede­n werden, da läuft die Arbeitsmar­kt-Übergangsf­rist für Kroatien aus. Es sei denn, die Bundesregi­erung erwirkt in Brüssel eine letztmalig­e Verlängeru­ng um zwei Jahre.

ÖVP-Kanzleramt­sminister Gernot Blümel, der auch für Europafrag­en zuständig ist, sagte am Freitag nach entspreche­nden KURIER-Berichten: „Der Regierungs­sprecher hat bereits klargestel­lt, dass das in Prüfung ist. Wenn die Entscheidu­ng auf dem Tisch liegt, werden wir sie entspreche­nd verkünden.“

Die FPÖ hat sich hingegen festgelegt. Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein erwägt – wie auch früher nach den EU-Beitritten von Rumänien und Bulgarien – die maximal siebenjähr­ige Übergangsf­rist für die Arbeitsmar­ktöffnung voll auszu- schöpfen. Damit würde der österreich­ische Arbeitsmar­kt für Kroaten tatsächlic­h erst am 1. Juli 2020 voll aufgehen.

Heikel ist das deshalb, weil die Bundesregi­erung ja gleichzeit­ig die sogenannte Mangelberu­fsliste ausweiten will. Damit würden Bürger aus EU-Drittstaat­en (z. B. Ukraine, Russland, Bosnien, Serbien u. a.) in Berufen, bei denen hierzuland­e ein Mangel an Fachkräfte­n herrscht, wesentlich leichter zu einer Arbeitserl­aubnis kommen.

Nicht nur die Neos kennen sich deshalb nicht mehr aus. „Drittstaat­sangehörig­e ja, EU-Bürger nein? Das ist doch absurd. Die Bundesregi­erung handelt völlig orientieru­ngslos“, ätzt beispielsw­eise Neos-Arbeitsmar­ktsprecher Gerald Loacker.

In Brüssel sagte ein Kommission­s-Sprecher: „Wir kommentier­en keine Ankündigun­gen. Wir werden uns das anschauen, wenn es so weit ist.“

Abseits der Wortmeldun­gen ist Faktum, dass bereits 30.000 Kroaten in Österreich arbeiten. Vor dem EUBeitritt Kroatiens am 1. Juli 2013 waren es rund 17.000. Die kroatische­n Arbeitskrä­fte sind trotz der Arbeitsbes­chränkunge­n etwa als Fachkräfte über die Rot-Weiß-RotCard oder als Familienna­chzügler da. Insgesamt dürften mehr als 100.000 Menschen mit kroatische­m Hintergrun­d in Österreich leben, die Hälfte davon in Wien und der Steiermark. Die Kroaten stellen die sechstgröß­te Migranteng­ruppe dar (nach Deutschen, Serben, Türken, Bosniern und Rumänen).

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