Trump wollte Chef-Ermittler feuern
Medienberichte. Russland-Connection immer bedrohlicher
Zehn Monate nach Beginn der Untersuchungen von SonderErmittler Robert Mueller in der Russland-Affäre rückt der Verdacht der Justizbehinderung durch Donald Trump immer stärker in den Mittelpunkt. Nach Vernehmungen von rund 20 engen Mitarbeitern des amerikanischen Präsidenten will der frühere Chef der Bundespolizei FBI Trump in Kürze persönlich befragen.
In diese heikle Gemengelage platzte am Vorabend der Rede Trumps beim Weltwirtschaftsforum (siehe links) eine Meldung der New York Times, die Trump einer Anklage und einem Amtsenthebungsverfahren näher bringen könnte. Danach hatte Trump bereits im Juni 2017 erwogen, in die Ermittlungen einzugreifen, die der Frage nachgehen, ob Trump und sein Team vor der Wahl 2016 mit Moskau auf illegale Weise paktiert haben, um die Demokratin Hillary Clinton zu beschädigen.
„Fake News“
Konkret berichtet das Blatt unter Berufung auf vier Quellen im Weißen Haus, dass Trump nur deshalb in letzter Minute von der vorzeitigen Entlassung Muellers abgesehen hat, weil sonst der oberste Rechtsberater der Regierung, Don McGahn, zurückgetreten wäre. Der Jurist, Trumps rechte Hand, fürchtete im Falle eines Rauswurfs Muellers „katastrophale Konsequenzen“. Trump bezeichnete den Bericht in Davos als „typische Fake News-Geschichte“.
Laut New York Times hatte sich Trump folgende Argumente für die Entlassung Muellers zurechtgelegt, den er für befangen hält: Mueller sei unmittelbar vor seiner Berufung zum Sonder-Ermittler gefragt worden, ob er anstelle des gefeuerten James Comey die Bundespolizei FBI übernehmen wolle. Zudem sei Mueller in einer Anwaltskanzlei beschäftigt gewesen, die unter anderem Trumps Schwieger- sohn Jared Kushner vertrat. Dritter Hinderungsgrund aus Sicht Trumps: Mueller hege Groll gegen ihn, weil er einst die Mitgliedschaft in einem Trump-Golf-Klub in der Nähe von Washington wegen eines Streits um zu hohe Mitgliedsbeiträge gekündigt habe.
Die Berichterstattung der New York Times, die inzwischen durch das Magazin Politico, den Sender NBC und den in der Regel Trumpfreundlichen KonkurrenzKanal Fox News bestätigt wurde, konterkariert die bisherige Verlautbarungslinie des Weißen Hauses völlig.
Trump („Ich habe nie daran gedacht“), sein Anwalt John Dowd („Das war nie auf dem Tisch“) und seine Top-Beraterin Kellyane Conway („Der Präsident hat das nie diskutiert“) hatten im USFernsehen mehrfach die Spekulation bestritten, dass der Präsident den Rauswurf Muellers erwogen habe.
Dabei ist die Indizienkette lang, die aus Sicht von Juristen in Washington dagegen spricht: Trump hatte den bis Frühjahr 2017 amtierenden FBI-Chef James Comey um die teilweise Einstellung der Ermittlungen in der Russland-Affäre ersucht und dessen uneingeschränkte Loyalität eingefordert. Als beides ausblieb, feuerte er den obersten Bundespolizisten. Zuvor hatte sich Trump bereits der Vize-Justizministerin Sally Yates entledigt. Sie hatte den ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn belastet. Flynn wurde später von Trump gefeuert.
Trump war es auch, der Justizminister Jeff Sessions bedrängte, sich in der Causa Russland keinesfalls für befangen zu erklären. Trump erwartete sich so „Schutz“durch Sessions. Als der Ex-Senator anders entschied, war der Präsident außer sich und demütigte Sessions öffentlich. Dazu forderte der Präsident republikanische Schlüsselfiguren im Kongress auf, dafür zu sorgen, dass die Arbeit des Sonder-Ermittlers vorzeitig eingestellt wird. Und: Bis zuletzt drängte Trump darauf, dass dem amtierenden FBI-VizeChef Andrew McCabe (ein Vertrauter des gefeuerten James Comey) ebenfalls der Stuhl vor die Tür gesetzt wird.
Berater besorgt
Trump erklärte noch kürzlich, dass er es kaum erwarten könne, Mueller Rede und Antwort zu stehen, weil an der ganzen Russland-Geschichte nichts dran sei. „ Ich würde das gerne so bald wie möglich tun. Ich würde es sogar unter Eid tun“, sagt er unmittelbar vor der Abreise nach Davos und brachte damit seine Top-Berater in Bedrängnis. Sie fürchten dem Vernehmen nach, dass sich Trump, der als Geschäftsmann in der Vergangenheit bei ähnlichen Vernehmungen oft keine gute Figur machte, „um Kopf und Kragen reden könnte“. Sprich, in einen Meineid stolpern könnte. Was den Grundstein für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens legen könnte.