Eine Fortsetzung, die an die Kraft des Originals mehr als anschließen kann
Kritik. Nach einer mehrmonatigen Umbaupause in den Studios hat das Tanzquartier Wien seit Donnerstag wieder geöffnet. Der Publikumsandrang am Eröffnungsabend war entsprechend groß, der Einstand der neuen künstlerischen Leiterin Bettina Kogler ist rundum gelungen.
Im Mittelpunkt des abwechslungsreichen Eröffnungsprogramms stand die Uraufführung von Doris Uhlichs „Every Body Electric“in der Halle G. Das Stück ist eine Fortsetzung des Duetts „Ravemachine“mit Michael Turinsky, das mit dem Nestroy Spezialpreis ausgezeichnet wurde. So waren die Erwartungen an Uhlich für die Fort- setzung ihrer Zusammenarbeit mit Menschen mit physischen Behinderungen groß. Tatsächlich kann „Every Body Electric“für neun hervorragende Tänzerinnen und Tänzer im Rollstuhl an Ravemachine anschließen.
Offenheit
Ein Stück, das neben der beachtlichen choreografischen Leistung zugleich ein politisches Statement für einen offenen Umgang mit der Kunstform Tanz bietet. Uhlich hat ihr spezifisches Bewegungsvokabular, von ihr als „Energietanzformen“bezeichnet, für die Performer adaptiert, auch ihre „Schwabbeltechnik“kommt zum Einsatz. Unglaublich stark, wie sie zum Sound von Boris Kopeinig und zu einem Song von Uhlich sowohl kraftvoll und dynamisch als auch bis ins kleinste Detail körpersprachlich nuanciert agieren. Pluralität und Diversität sind an diesem Abend angesagt, Berührungsängste werden abgebaut, die individuellen Talente der Performer kommen mit und manchmal auch ohne Rollstuhl in einem spannenden und berührenden Prozess bestens zur Geltung. Das bunte Stelldichein der Tanzszene setzte sich danach im Hof vor dem Aufgang zu den Studios fort.