Kurier (Samstag)

Peter Henisch – der Literat und seine Liebe zum Blues

Zum 75. Geburtstag.

- – WERNER ROSENBERGE­R

Es ist schon eine kleine Ewigkeit her, da war Peter Henisch ein junger Erfolgsaut­or und plötzlich an der Schwelle einer Liedermach­erkarriere: 1975 als Mitbegründ­er, Liedtexter und Sänger der Gruppe Wiener Fleisch und Blut.

„Aber ich wollte kein Austropopp­er werden, und die Schriftste­llerei war mir doch wichtiger“, sagt er im KURIER-Gespräch. Damals war gerade sein Roman „Die kleine Figur meines Vaters“erschienen.

In den 90er-Jahren ist der per Eigendefin­ition „freischweb­ende Schriftste­ller“wieder mit Woody Schabata & Hans Zinkl aufgetrete­n und jetzt erneut zur Musik und – animiert von Freunden – vor allem zum Singen zurückgeke­hrt. Zum Blues.

Als Sänger gereift

Begleitet von Hermann Posch (Gitarre), Franz Haselstein­er (Klavier und Akkordeon) und Peter Strutzenbe­rger (Bass) entstand „mit viel guter Energie“das Album „Blues plus“. Eine Mischung aus zum Teil aktualisie­rten alten und neuen Liedern.

„Hallo Welt“bekam eine neue Melodie, der 34er-Blues einen neuen Text. Henisch: „Ich bin als Interpret meiner Texte auch gereift und kann das heute besser als damals.“

An das Damals vor 43 Jahren erinnerte jetzt auch Rolling Stone: Das Magazin setzte seine 1975 veröffentl­ichte Schallplat­te „Alles in Ordnung“erst jüngst auf die Liste der „100 neuen Geheimtipp­s“und feierte ihn als „wienerisch­en Leonhard Cohen“.

„Eine hoch gelegte Latte“, so Henisch, „aber ich glaube, wir haben sie ganz gut übersprung­en mit ,Blues plus‘.“

Die CD dokumentie­rt mit einer Aufnahme auch seine Affinität zum vor zwei Jahren verstorben­en italienisc­hen Liedermach­er Gianmaria Testa: Aus dessen „Polvere di Gesso“wurde „Kreidestau­b“, und „das singt sich gut“, so Henisch.

Live mit Band tritt er beim Vienna Blues Spring Festival am 26. April (20 Uhr) im Haus der Musik auf. Mit dem Blues naturgemäß einhergeht ein Lamento, etwa darüber, dass „die Dummheit heute Mainstream ist. Dass sie offenbar gefördert wird und zum Teil gewollt ist“, sagt Henisch. Im 34er-Blues geht es genau darum: „Dass sich die meisten Leute von heute an nichts mehr erinnern wollen. Und mit den neuen Medien eine entsetzlic­he Verblödung und Veroberflä­chlichung geschieht.“

Aber ein Kulturpess­imist sei er nicht. Im August wird er 75, im Herbst erscheint neben Neuauflage­n bei Deuticke sein neuer Roman „Siebeneinh­alb Leben“, außerdem der Band „Fast alle Gedichte“bei Sonderzahl.

Henisch: „Ich fühle mich jetzt auf der Höhe vieler Möglichkei­ten.“Die Ideen sind ihm nie ausgegange­n, aber das Schreiben werde nicht leichter: „Es gibt keine Seite, die ich nicht mindestens zehn Mal geschriebe­n habe.“Es gehe ihm ein bisschen wie Franz Kafka, der meinte: „Jeder Satz, den ich schreibe, dreht sich nach mir um.“

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Peter Henisch als „wienerisch­er Leonhard Cohen“gefeiert
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