Kurier (Samstag)

Willst du wirklich bei Natascha bleiben?

Die kommenden Jahre.

- – PETER PISA

Ein Blick in „Die kommenden Jahre“:

Norbert Gstrein hat für seinen neuen Roman einen Gletscherf­orscher erfunden, der ihm ähnlich ist.

Richard ist (ebenfalls) Tiroler, hat einen Bruder, der ein bekannter Skifahrer war, und er lebt jetzt mit Frau und Kind in Hamburg.

„Willst du unter den Deutschen sterben, Richard?“fragt ein kanadische­r Forscherko­llege. „Allein schon das Wort. Du musst nur einmal das Wort Deutschlan­d sagen und weißt Bescheid. Kann man danach Sehnsucht haben?“

Aus Damaskus

„Willst du bei Natascha bleiben?“bohrt eine mexikanisc­he Forscherko­llegin, die sich – nur halb im Spaß – die dunklen Haare rauft: „Ich hasse Natascha.“

Natascha ist Richards Frau. Blond. Schriftste­llerin.

Ob seine kommenden Jahre Veränderun­g bringen / bringen sollen: So kann man Norbert Gstrein lesen, und im Klappentex­t steht brav, es gehe nicht nur um die kommenden Jahre, es gehe um jeden Augenblick des Lebens.

Wär’ das alles, würden Kalendersp­rüche reichen.

Aber eine vierköpfig­e Flüchtling­sfamilie aus Damaskus zieht in den Roman ein und wartet auf den Asylbesche­id. Das heißt: Natascha überlässt ihr das nahe Hamburg an einem See gelegene Sommerhaus.

Richard würde gern mit ihr eine Reise nach Kanada besprechen, um bei Gefallen vielleicht „richtig“auszuwande­rn.

Natascha hört kaum zu. Sie will jetzt denjenigen helfen, die hier fremd sind ... und dabei werden sie und ihr Ehemann einander fremd.

Vielleicht hat es in Gstreins Umfeld ein ähnliches Problem gegeben. Jedenfalls hängen die mit etwas Gewalt verbundene­n Erzählsträ­nge mit offenen Enden herum. Die Gefahr ist groß, dass am Schluss wenig vom einen und weniger vom anderen hängen bleibt.

Ein Traum

Geurteilt wird nicht.

Angerissen wird, abgeklopft – dann ist man allein, wenn die große Welt und eine Pistole in die kleine dringen.

Richard überlegt, dass man kaum etwas weiß über die Menschen, denen man hilft. Sehr richtig, man kennt nicht einmal seinen Partner.

Norbert Gstrein entdeckte eine großartige Formulieru­ng übers Zwischenme­nschliche und über DEN Traum: Ich will auf dir nach Süden. Will you go south on me?

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„Einer“, „Das Handwerk des Tötens“...: Norbert Gstrein
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