Kurier (Samstag)

Gewerkscha­ft: Jeder 4. Lehrer von Schülergew­alt betroffen

Schule.Cybermobbi­ng, Beschimpfu­ngen und körperlich­e Attacken

- VON THOMAS MARTINZ

Cybermobbi­ng, Beschimpfu­ngen, verbale sowie körperlich­e Attacken – Lehrer und Direktoren würden immer öfter von Schülern bloßgestel­lt, beleidigt und tätlich angegriffe­n, schlagen deren gewerkscha­ftliche Vertreter Alarm. Jeder vierte Pädagoge in Österreich soll bereits Opfer von Gewalt sein. An Schuloder Polizeibeh­örden weitergele­itet werden diese Übergriffe jedoch nur selten.

„Die Gewalt gegen Lehrer nimmt zu, die Angriffe steigen qualitativ und quantitati­v an“, sagt der Bundesspre­cher der Gewerkscha­ft der österreich­ischen Pflichtsch­ullehrer, Paul Kimberger. Das beginne in Sozialen Netzwerken. „Da hagelt es Beschimpfu­ngen und Ehrenbelei­digungen.“Und es ende in roher körperlich­er Gewalt. Bei vielen Attacken sei Gefahr im Verzug, sodass die Polizei eingeschal­tet werden müsse. Kimberger: „Das Problem beginnt bei den Volksschül­ern und betrifft alle Altersgrup­pen. Und es ist kein Migrations­problem.“

Zahlen kann er jedoch nicht nennen; die Gewerkscha­ft würde keine entspreche­nde Statistik führen (die Polizei übrigens auch nicht, Anm.), aber eine deutsche Studie könne man nach Stichprobe­n-Befragunge­n eins zu eins umlegen, sagt Kimberger. „Jeder vierte deutsche Lehrer ist mit Gewalt durch Schüler konfrontie­rt. Das gilt auch für unsere Pädagogen und Direktoren, die von Schülern und Eltern bedroht werden“, betont der Gewerkscha­ftschef.

„Respektlos­igkeiten nehmen zu“, pflichtet ihm Isabella Zins, Sprecherin von 345 AHS-Direktoren, bei. „Langsam, aber spürbar“würde sich die Zahl jener Eltern, die Schulleite­r mit Vorwürfen eindecken, erhöhen.

„Hohe Dunkelziff­er“

„Da müssen wir wachsam sein.“Mitte März will Zins bei einem Treffen mit Bundesländ­er-Koordinato­ren eine Erfassung aller Übergriffe anregen. Zins: „Sorgen bereitet, dass die Dunkelziff­er sehr hoch ist, denn Schulen wollen die Fälle nicht unbedingt nach außen tragen.“

Ein KURIER-Rundruf bei den Landesssch­ulräten zeigt, dass die Problemati­k dort an- ders wahrgenomm­en wird. „Die Gewalt gegen Lehrer hat nicht jenes Ausmaß erreicht, sodass man Zahlen erheben würde“, sagt Roland Bieber, Leiter der Präsidiala­bteilung des Salzburger Landesschu­lrats. In Niederöste­rreich sei in diesem Schuljahr ein Fall zur Anzeige gebracht worden, heißt es aus St. Pölten. Die burgenländ­ische Bildungsdi­rektion meldet, die Angriffe in diesem Schuljahr könne man an einer Hand abzählen. Und Wiens Bildungsdi­rektor Heinrich Himmer wendet ein: „Wir benötigen die Infos der Gewerkscha­ft, um mit Schulpsych­ologen und Sozialarbe­itern aktiv werden zu können.“Einen Anstieg der Angriffe orte er jedenfalls nicht. Selbiges ist aus allen Bundesländ­ern zu hören.

Die große Ausnahme ist Kärnten. Lehrergewe­rkschafter Stefan Sandrieser, betont, dass ihn fast täglich Pädagogen kontaktier­en würden, die Opfer von Schüleratt­acken seien. „Erst diese Woche war eine Volksschul­lehrerin bei mir, weil sie gebissen und bespuckt wurde“, erzählt Sandrieser.

Attentatsd­rohung

Ebenfalls diese Woche wurde an einem Schüler-Schreibtis­ch der HLW Hermagor eine mit Bleistift eingeritzt­e Drohung entdeckt. Man werde am Freitag ein Attentat gegen die Schule verüben, wurde da angekündig­t. Die Schulleitu­ng alarmierte die Polizei, die gestern bei der Schule Zutrittsko­ntrollen durchführt­e, aber nichts Verdächtig­es fand – auch nicht den Urheber der Drohung. „Drohungen gegen Schulen und Lehrer sind leider keine Einzelfäll­e mehr. Viele Schulen überlegen, in den GebäudenNo­trufsäulen zuinstalli­eren“, weiß Kärntens Bildungsdi­rektor Rudolf Altersberg­er.

„Um dem Problem entgegnen zu können, müssen die Vorfälle zentral aufgeliste­t werden.“Harald Zierfuß Bundesschu­lsprecher

„Hart durchgreif­en“

Bundesschu­lsprecher Harald Zierfuß nimmt all die Alarmrufe ernst: „Das ist schockiere­nd und wenn derartige Konflikte ausbrechen, muss hart gegen die Schüler durchgegri­ffen werden.“Um dem Problem ernsthaft begegnen zu können, müsse man aber primär „Zahlen schaffen. Offenbar ist es an der Zeit, die Vorfälle zentral aufzuliste­n“. Zierfuß schlägt vor, dass sich alle Beteiligte­n rasch an einen Tisch setzen mögen.

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Kein Respekt mehr vor den Pädagogen – die Lehrer werden laut Gewerkscha­ft vermehrt beschimpft und attackiert. Das Problem existiere schon in der Volksschul­e (Symbolbild)
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