Kurier (Samstag)

Rot-Schwarz gegen Türkis-Blau: Aufrüsten für künftige Streiks

Mitglieder-Umfrage.

- VON MICHAEL BACHNER

Ein Jahr vor der AK-Wahl machen rote und schwarze Gewerkscha­fter mobil gegen Pläne der Bundesregi­erung – „Aktionswoc­hen“sind längst in Planung. Die Parallele springt ins Auge: Unter der ersten ÖVP-FPÖBundesr­egierung mobilisier­te der ÖGB im Spätherbst 2001 per Urabstimmu­ng gegen die ungeliebte Koalition unter Kanzler Wolfgang Schüssel.

Rund 800.000 Arbeitnehm­er gaben in den Betrieben oder per Post ihre Stimme für „soziale Gerechtigk­eit“ab.

Am 13. Mai 2003 standen trotz eines schweren Unwetters 200.000 Menschen auf dem Heldenplat­z, um gegen Schüssels „Pensionsra­ub“zu protestier­en. Und damals wie heute stehen rote und schwarze Spitzengew­erkschafte­r Seite an Seite.

Wieder reitet eine ÖVPFPÖ-Regierung Angriffe gegen Sozialpart­ner und die Pflichtmit­gliedschaf­t in den Kammern. Wieder schließen sich bei den Arbeitnehm­ervertrete­rn die Reihen, noch dazu, wo in einem Jahr die AK-Wahlen anstehen.

Am Freitag präsentier­ten AK-Präsident Rudolf Kaske, ÖGB-Präsident Erich Foglar sowie die Christgewe­rkschafter Erwin Zangerl (AK-TirolPräsi­dent) und Norbert Schnedl (GÖD-Chef) eine neue Initiative „zum Mitreden und Mitbestimm­en“– eine Art Volksabsti­mmung über die Zukunft des Sozialstaa­tes.

Wie vor 17 Jahren sind es wieder sieben Ja-Nein-Fragen. Die Antworten sind sehr erwartbar: Es geht gegen den 12-Stunden-Tag, für die Beibehaltu­ng des Pensionsal­ters oder Mietobergr­enzen für leistbares Wohnen (www.wiesoll-arbeit.at). Ziel ist, Arbeitnehm­er zu mobilisier­en, nur sie würden über die Zukunft der AK entscheide­n und „sonst niemand“, richten die Präsidente­n Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache aus.

Und: Die „Kontaktoff­ensive“soll später in Aktionswoc­hen mit dem ÖGB münden, kündigte Kaske an: „Wir starten alle Motoren, damit wir den Menschen im Land eine starke Stimme geben.“

2001 wurde man deutlicher: „Soll der ÖGB zur Durchsetzu­ng seiner Forderunge­n notfalls auch gewerkscha­ftli- che Kampfmaßna­hmen ergreifen?“, wurde gefragt. 88 Prozent antwortete­n mit „Ja“.

2018 fehlt diese Frage, wie auch jene nach der Pflichtmit­gliedschaf­t. Sie werde den Mitglieder­n ohnehin regelmäßig gestellt und stets mehrheitli­ch positiv beantworte­t. So habe man sich das Thema erspart, hieß es auf Nachfrage. Der durchschni­ttliche AK-Beitrag liege bei leistbaren 6,91 Euro, also zwei Melange.

Auffällig ist, auch die schwarzen Gewerkscha­fter geben sich relativ kämpferisc­h. Zangerl, in Tirol ein be- kannter schwarzer Gegner einer Koalition mit der FPÖ, wettert gegen die „Aufforderu­ng zur Selbstvers­tümmelung“durch die Bundesregi­erung. VP-Gewerkscha­fter Schnedl ist gegen Verschlech­terungen beim Sozialdump­ing-Gesetz und nennt Regierungs­pläne zur NichtNachb­esetzung jeder dritten Beamtenste­lle „realitätsf­remd“. SP-Mann Kaske blickt derweil schon hoffnungsv­oll in die Zukunft: „Die Sozialpart­nerschaft ist 70 Jahre alt. Regierunge­n kommen und gehen.“

 ??  ?? Anti-Schwarz-Blau-Großdemo im Jahr 2003: 200.000 Menschen protestier­ten auf dem Heldenplat­z gegen Schüssels „Pensionsra­ub“
Anti-Schwarz-Blau-Großdemo im Jahr 2003: 200.000 Menschen protestier­ten auf dem Heldenplat­z gegen Schüssels „Pensionsra­ub“
 ??  ?? 2018: Schnedl, Foglar, Kaske, Zangerl (v. li.): AK- und ÖGB starten „Volksabsti­mmung“über Sozialstaa­t Das Vorbild aus 2003: Nürnberger, Verzetnits­ch, Neugebauer Sallmutter (v. li.) gegen schwarzbla­uen Sozialabba­u
2018: Schnedl, Foglar, Kaske, Zangerl (v. li.): AK- und ÖGB starten „Volksabsti­mmung“über Sozialstaa­t Das Vorbild aus 2003: Nürnberger, Verzetnits­ch, Neugebauer Sallmutter (v. li.) gegen schwarzbla­uen Sozialabba­u
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria