Kurier (Samstag)

Zur Person

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Dr. Edith Eva Eger wurde am 29. September 1927 in Košice, damals Kassa, Ungarn, geboren. Vor ihrer Deportatio­n nach Auschwitz lernt sie Ballett und Kunstturne­n. Im Mai 1944 wird sie gemeinsam mit ihren Eltern und ihrer Schwester Magda nach Auschwitz deportiert, mit der Vergangenh­eit auseinande­rzusetzen, sie loszulasse­n und zu vergeben.“Auf die Frage, was Vergebung für sie denn konkret bedeute, antwortet die renommiert­e Therapeuti­n: „Vergebung ist ein Geschenk, das mansich selbst schenkt, indem man Dr. Edith Eva Eger

Psychologi­n einem anderen Menschen nicht erlaubt, dass er sich im eigenen Körper und Kopf breitmacht. Was Sie nicht stärker macht, beutet Sie aus.“Vergebung sei außerdem eine Frage der Entscheidu­ng: „Wir haben die Fähigkeit zu hassen und die Fähig- Schwester Klara bleibt, sie wird versteckt. 1945 wird Eger in Gunskirche­n/ Mauthausen befreit. 1949 geht sie in die USA. In Kalifornie­n arbeitet sie als Psychologi­n, unterricht­et an der Uni und hält auf der ganzen Welt Vorträge. Sie ist Mutter, Großmutter und Urgroßmutt­er. keit zu lieben. Wofür wir uns entscheide­n, liegt an uns.“

Eger ist 16 Jahre alt, als sie gemeinsam mit ihren Eltern Ilona und Lajos sowie ihrer Schwester Magda nach Auschwitz deportiert wird. Bald, nachdem sie aus dem Viehwaggon steigt, begegnet sie Josef Mengele – das erste Mal. Er dirigiert ihre Mutter nach links, Eger folgt ihr. Mengele packt sie und sagt: „Du wirst deine Mutter bald wiedersehe­n, sie geht nur duschen.“Dann stößt er sie zurück in die andere Reihe. Weder ihre Mutter noch ihr Vater überleben.

Auf ihren Peiniger trifft Eger ein zweites Mal, als er in den Baracken nach „Talenten“sucht. „Kleine Tänzerin“, sagte Dr. Mengele, „tanz für mich“. Die 16-Jährige tanzt – und erinnert sich an das, was ihr ihre Mutter auf dem Weg ins Lager mitgegeben hat: „Wir wissen nicht, wo- hin wir fahren und wir wissen nicht, was mit uns passiert. Aber erinnere dich immer daran, dass man dir nicht nehmen kann, was in deinem Kopf ist.“

Als die junge Edith Eva an jenem Morgen, an dem ihre Mutter ermordet wird, für Mengele tanzt, stellt sie sich vor, dass sie das auf der Bühne der Budapester Oper tut. Diese innere Vorstellun­gskraft rettet sie. „Ich bin frei in meinem Kopf, was er niemals sein kann. Er wird immer mit dem leben müssen, was er getan hat. Er ist gefangener, als ich es bin. Als mein Programm mit einem letzten anmutigen Spagat endete, bete ich, doch ich bete nicht für mich. Ich bete für ihn. Ich bete ihm zuliebe dafür, dass er nie die Notwendigk­eit sehen wird, mich töten zu müssen“, erinnert sie sich. Mengele wirft ihr danach einen Laib Brot zu.

„Aber erinnere dich immer daran, dass man dir nicht nehmen kann, was in deinem Kopf ist.“

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