Frauen sind die besseren Rocker
Goat Girl.
Tritt in den Hintern der Rockmusik.
Goat Girl sind Töchter des Londoner Südens, wo das Pint Bier noch unter 6 Pfund (rund 7 Euro) zu haben ist, die Sitten, der Umgangston rau und die Mieten noch leistbar sind – irgendwie halt. Zu viel Geld hat hier niemand und die Zukunft ist vor allem eines: unsicher. In diesem Milieu gedeiht bekanntlich Kreativität am besten: Je prägender und härter der Alltag, desto besser die Geschichten. Das belegen zahlreiche Stadtentwicklungs-Beispiele, wo aus ehemaligen Problemvierteln Nobelorte wurden, wo schlussendlich Schwerverdiener ihre SUVs vor den Luxusapartments parken. So will es der Kreislauf der Gentrifizierung. Aber noch ist es im Süden Londons nicht so weit. Noch gibt es in Stadtteilen wie Brixton, Clapham und Stockwell freie leistbare Proberäume, in denen sich junge Menschen ausprobieren können, sich eine Underground-Szene entwickeln kann, deren Aushängeschild King Krule ist – ein hagerer, fast durchsichtiger Rotschopf, der mit „The Ooz“2017 ein Meisterwerk veröffentlichte.
Ohne Ballast
Jetzt sind aber Goat Girl an der Reihe. Auf ihrem selbst betitelten Debüt dominieren ein forderndes Rumpelschlagzeug und aufgeweckte Schrammelgitarren das Geschehen. 19 Tracks haben die Twentysomethings auf dem 40-minütigen Tonträger gepackt, der von Dan Carey (The Kills) ohne Ballast produziert wurde. Kaum ein Song dauert länger als drei Minuten – danach ist alles gesagt. In „The Man“haucht Sängerin Lottie „You’re the man, you’re the man“herrlich gleichgültig ins Mikro. Der Song ist so etwas wie der Hit auf dem sehr gelungenen Album, auf dem das Quartett gegen den Brexit , die Gentrifizierung Londons und geile wie verachtende Blicke der Männerwelt ansingt. Der Ekel, die Wut wird in einen rauen, analogen, nie zu forschen Sound gegossen, der irgendwo zwischen Rock, Folk und Country oszilliert.
Goat Girl forever!