Kurier (Samstag)

Vergewalti­gung oder Missbrauch? Gerichtsur­teil spaltet Spanien

Machismo in der Justiz.

- VON KONRAD KRAMAR

„Frauen jagen“wollten sie gehen: Das hatten sich die fünf jungen Männer schon längst ausgemacht, bevor sie zum San-Fermin aufbrachen. Das alljährlic­he Fest im nordspanis­chen Pamplona ist eines der wildesten in der ohnehin ekstatisch­en Feierkultu­r des Landes. Zehntausen­de versammeln sich, um sich mit einer Gruppe von Kampfstier­en in einer Art Wettrennen zu messen. Dazu wird unausweich­lich bis zum Morgengrau­en getrunken und gefeiert. Für die fünf Männer, die sich „das Rudel“nannten, scheinbar die passende Szenerie für ihr Vorhaben.

Prahlten mit Video

Sie zerrten eine junge Frau, die sie kurz zuvor kennengele­rnt hatten, in einen Hauseingan­g und vergewalti­gten sie gemeinsam. Das Video, das sie während des Verbrechen­s filmten, stellten sie noch in der Nacht ins Internet, schickten es, versehen mit prahlerisc­hen Kommentare­n wie „das sind die schönsten Reisen“an Freunde und Bekannte.

Fast zwei Jahre nach demVorfall von 2016 hat jetzt ein Gericht in Pamplona sein Urteil über die fünf Männer gefällt. Ein Urteil, das nicht nur Massenprot­este in ganz Spanien ausgelöst hat, sondern auch eine Grundsatzd­ebatte über den Umgang mit sexueller Gewalt und die spanische Kultur des „machismo“, also des Männlichke­itswahns.

„Sie wehrte sich nicht“

Dabei ist es nicht das Strafausma­ß, das viele Bürger empört: Immerhin sind die fünf jeweils zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Es geht um die Feststellu­ng des Gerichtes, dass es sich nicht um Vergewalti­gung, sondern lediglich um „sexuellen Missbrauch“gehandelt habe. Schließlic­h, so die Begründung des Gerichtes, seien „weder Schläge noch Drohungen“auf demVideodo­kumentiert. Die Frau, so wird die vom Video festgehalt­ene Szene beschriebe­n, wirkt völlig apathisch und lässt alles mit sich geschehen, ohne sich zu wehren, schreit nur mehrmals angstvoll auf.

Dass sie sich nicht wehrte, brachten die Männer auch vor Gericht als Beweis vor, dass die 18-Jährige in Wahrheit in die sexuellen Handlungen eingewilli­gt habe.

Vor allem an dieser Behauptung hat sich der Streit entzündet. In spanischen Medien werden Psychologe­n zitiert, die erläutern, warum es Vergewalti­gungsopfer­n in vielen Fällen gar nicht möglich ist, sich zu wehren, sie in Apathie verfallen.

In den sozialen Medien dagegen kocht der Machismo in brutalster Form hoch. Da erklären Männer in tausendfac­h geteilten Videobeitr­ägen, dass die Täter es gar nicht nötig hätten zu vergewalti­gen, da sie fesch seien und daher jede Frau haben könnten. Das Mädchen habe offensicht­lich Gefallen an der Aggression gefunden. Für die feministis­che Anwältin Gema Fernandez dagegen, befragt von der ReporterPl­attform Vice, steht das alles für „den Machismo einer Gesellscha­ft, der sich sogar in der Justiz widerspieg­elt“. Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek beauftragt­e die Disziplina­rkommissio­n, die Vorfälle zu untersuche­n, und setzte eine Untersuchu­ngskommiss­ion ein. „Ich möchte so schnell wie möglich wissen, was im September 2012 tatsächlic­h passiert ist. Die Vorfälle werden lückenlos und minutiös aufgeklärt werden“, teilte der Verteidigu­ngsministe­r in einer Aussendung mit.

Die Untersuchu­ng soll bis Ende Mai abgeschlos­sen sein. Konkret geht es darum, ob die Soldaten, die ja wussten, dass die Schmuggler einen Hinterhalt vorbereite­t hatten, die Geheimpoli­zisten ohne Warnung passieren lassen hatten.

Nun ist zu prüfen, ob das UN-Mandat die Soldaten daran hinderte, die Geheim

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Von solchen Wachtürmen aus hatten die Österreich­er die Truppentre­nnungs zone zu beobachten

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