Kurier (Samstag)

KAv neu: „ziemliche Katastroph­e“

Die neue Rechtsform des Spitalsträ­gers ändere nichts an seinen Problemen, warnt ein Experte

- VON JOSEF GEBHARD

Für heftige Kontrovers­en sorgt die geplante Umwandlung des Wiener Krankenans­taltenverb­unds (KAV) in eine Anstalt öffentlich­en Rechts. Wie berichtet hat Gesundheit­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er (SPÖ) den dafür nötigen Gesetzesen­twurf am Donnerstag in Begutachtu­ng geschickt. Mit der Reform, so die Stadträtin, soll das Unternehme­n mit seinen 30.000 Mitarbeite­rn größere Finanz- und Personalau­tonomie bekommen, Es wird eine regionale Ebene eingeführt (zuständig für jeweils zwei Spitäler), damit Entscheidu­ngen schneller und näher bei den einzelnen Krankenhäu­sern getroffen werden können.

Gesundheit­sökonom Ernest Pichlbauer bezweifelt nach der Lektüre des Gesetzesen­twurfs, dass das funktionie­ren kann. Mehr noch: „Der Entwurf ist eine ziemliche Katastroph­e“, sagt er zum KURIER. Denn die angestrebt­e Dezentrali­sierung kann er darin nicht erkennen. „Jedem der drei Regionen ist ein Steuerungs­gremium beigeordne­t. Dieses besteht aus Mitglieder­n des Vorstandes. Das heißt: Der Vorstand des Unternehme­ns kann auch wie bisher von oben nach unten durchregie­ren“, kritisiert Pichlbauer.

Und der Vorstand selbst sei auch weiterhin der Einflussna­hme aus dem Rathaus ausgesetzt. Denn laut §35 des Entwurfs unterstehe er in Angelegenh­eiten von grundsätzl­icher gesundheit­spolitisch­er Bedeutung des Weisungen des Gesundheit­sstadtrats. „Somit untersteht der Vorstand nicht nur dem Aufsichtsr­at, sondern auch direkt der Politik“, sagt der Ökonom. Offen bleibe auch, wer die „Experten“sein sollen, die in den Aufsichtsr­at geschickt werden sollen.

Anders als erhofft, sei die Rolle der Kollegiale­n Führung der einzelnen Spitälern nicht gestärkt worden, „durch die Einführung der Ebene der Regionalma­nager schaut es vielmehr danach aus, als ob sie noch stärker unter Kuratel gestellt würden“, befürchtet Pichlbauer. Weiters würden durch die Umstruktur­ierungen Kontrollmö­glichkeite­n der Opposition und Öffentlich­keit noch mehr erschwert als bisher.

GmbH als Alternativ­e

Umdie Wiener Gemeindesp­itäler effiziente­r zu machen, hätte die Reform viel weitreiche­nder sein müssen, ist der Experte überzeugt: „Man müsste jedes einzelne Spital in eine GmbH umwandeln – mit einem Geschäftsf­ührer, der volle Befugnisse in Personal- und Finanzange­legenheite­n hat.“Die Stadt Wien würde in diesem Modell Versorgung­saufträge an die einzelnen GmbH verteilen und diese dann kontrollie­ren.

Die Vorteile einer derart kleinteili­gen Lösung würden überwiegen, ist Gesundheit­sökonom Pichlbauer überzeugt. „Weltweit gibt es fast nirgendwo so große Spitalsträ­ger wie in Wien und Niederöste­rreich. Man muss sich die Frage stellen, warum das so ist.“

 ??  ?? Pichlbauer ortet weiterhin massiven Einfluss der Politik
Pichlbauer ortet weiterhin massiven Einfluss der Politik

Newspapers in German

Newspapers from Austria