Kurier (Samstag)

„Immer schön zu sein, ist langweilig“

Die Schauspiel­erin über ihren Ausstieg aus „Sturm der Liebe“, Eitelkeit und Bankgeschä­fte

- VON NINA OBERBUCHER

KURIER: Fast 13 Jahre haben Sie in der ARD-Telenovela „Sturm der Liebe“die Charlotte Saalfeld gespielt. Werden Sie oft mit Ihrem Serien-Namen angesproch­en? Mona Seefried: Ja – leider (lacht). Manwill natürlich nicht immer mit dem Rollenname­n angesproch­en werden. Deshalb bin ich auch gerade dabei, in die Köpfe der Zuschauer hineinzuge­hen und zu sagen: Ich bin’s, die Mona Seefried. Viele Schauspiel­er kämpfen nach so langer Zeit damit, von ihrem Rollentyp loszukomme­n.

Ich habe das Glück, immer unterschie­dlich besetzt worden zu sein. Ich versuche auch, mein Äußeres immer wieder zu verändern, weil ich das spannend finde, dass man mal kurze, mal lange Haare hat, mal blond, mal braunhaari­g ist. Ich liebe die Veränderun­g, und dadurch wurde ich auch nie auf einen Rollentyp festgelegt. Sie sind ja auch sehr vielseitig unterwegs – Theater, Filme, Serien, Kabarett. Was macht Ihnen am meisten Spaß?

Alles. Zu gleichen Teilen?

Ja. Im deutschspr­achigen Raum ist es leider so, dass mandas nicht alles sieht. Dass man gefragt wird, wie Sie gerade fragen: „Was macht Ihnen am meisten Spaß?“Dabei gehört das alles dazu. Im englischsp­rachigen Raum muss man auch alles können: Tanzen, Singen, Spielen. Nur bei uns gibt es ein bisschen dieses Schubladen­denken. Wie haben denn Ihre Kollegen vom Theater darauf reagiert, als Sie bei „Sturm der Liebe“angefangen haben?

Unterschie­dlich. Der eine sagt „Warum machst du das?“, der andere findet es toll. Es gibt auch Kollegen, die vor 13 Jahren gefragt haben „Wie kannst du nur?“, und nach zehn Jahren in der Castingabt­eilung angerufen haben und eine Rolle wollten – weil plötzlich ein Erfolg da war. Ich weiß auch nicht, warum das ein bisschen schräg angeguckt wird, so eine Telenovela. Klar, es ist halt 15.10 Uhr – wobei sie in Italien zur besten Sendezeit im Hauptabend­programm läuft, und zwar samstags und sonntags. Für mich gibt es keinen Unterschie­d, was die Arbeit oder die Seriosität betrifft. Jeden Tag eine Folge zu drehen, ist ja auch viel Arbeit.

Ja, es sind jeden Tag 48 Sendeminut­en herzustell­en. Das muss man erst mal machen – und dann kann man gerne sagen: „Das ist ja nur Nachmittag­sprogramm“. Ich steh’ da voll dahinter und bereue es nicht eine Sekunde. Was werden Sie vermissen?

(Überlegt) Ich werde nichts vermissen. Das klingt aber jetzt nicht unbedingt positiv.

Ich meine das überhaupt nicht negativ, ich lächle Sie ja auch gerade an. Es ist für mich eine abgeschlos­sene Sache und die Kollegen, mit denen ich befreundet bin, treffe ich auch weiter. Vermissen werde ich nichts, weil ich hab’ in diesen 13 Jahren alles erlebt und alles spielen dürfen, was man sich erträumen kann. Sie stammen aus einem sehr künstleris­chen Elternhaus, Ihre Mutter Irmgard Seefried war Kammersäng­erin, ihr Vater Wolfgang Schneiderh­an Geiger. War immer klar, dass Sie eine ähnliche Laufbahn einschlage­n?

Ich wollte einfach Kasperl sein. Der Kasperl ist was Herrliches. Das passt zu dem, was Sie mich vorhin gefragt haben: Ein Kasperl macht auch alles, der singt, spielt, tanzt, lacht, schreit, haut das Krokodil (lacht). Medizin hätte mich auch interessie­rt, oder Archäologi­e, aber das Künstleris­che war dann doch vorrangig. Haben Ihre Eltern das auch unterstütz­t?

Ja, klar, die haben ja gar keine Chance gehabt! Ich bin mit 15 ans Reinhardt-Seminar, mit 16 in mein erstes Engagement und war weg von Wien und bin nie mehr gekommen. Sie haben in Interviews erzählt, dass Sie in einer „Erwachsene­nwelt“großgeword­en sind.

Das stimmt. Ich hab’ von zu Hause sehr viel Disziplin mitbekomme­n und das ist das Beste, was einem in diesem Job widerfahre­n kann. Aber in einer Erwachsene­nwelt aufzuwachs­en, war eigentlich nicht so schön, wie viele dachten. Ich hatte keine Kindheit. Das finde ich traurig. Als Kind bei den Salzburger Festspiele­n immerschön­brav leise zu sein … Natürlich, ich saß auf dem Schoß vom Karajan und vom Bernstein, und der Karajan kam auch in meine erste Premiere in Basel, als ich dort anfing. Aber da war mir nicht bewusst, wie toll das war. Heute weiß ich das, aber als Kind ist man ja nicht so ehrfürchti­g mit Prominente­n. Da will man Kind sein, herumziehe­n und schmutzig sein dürfen. Als meine Tochter (Schauspiel­erin Laura Schneiderh­an, Anm.) zur Welt kam, habe ich meine Karriere bewusst ziemlich zurückgesc­hraubt. Haben Sie das Kindsein irgendwann nachgeholt?

Das hole ich noch immer nach. Ich hoffe, nie erwachsen zu werden. Immer den Humor zu behalten, Freude an der Sache zu haben, blödeln zu können. Das Leben ist so ernst. Es haut uns imMoment auf der Welt sowieso die Steine komplett um die Ohren. Wenn wir uns da unseren Humor und unsere Kindlichke­it nicht behalten, könnten wir eigentlich nur heulen. Die Welt scheint politisch im Umbruch zu sein.

Ja, klar, das ist ja nicht gerade lustig, was da im Moment auf der Welt passiert. Im Alltag hat man ja eh genug zu tun mit dem Erwachsens­ein. Ob man seine Steuer macht oder Bankgeschä­fte – und ich bin total unbegabt für solche Sachen (lacht). Ich finde es wunderschö­n, mit 61 noch nicht erwachsen zu sein und ich freu’ mich so auf das, was mir das Leben noch bieten wird. Sie haben unlängst auf Facebook gepostet, dass Sie keine Kommentare von Rechtspopu­listen und AfD-Wählern wünschen. Darauf haben einige ganz schön erbost reagiert.

Ja, das kann man so sagen! Ich bin sehr selten politisch, aber ich mag es einfach auf meiner Fanpage auf Facebook nicht, wenn rechtslast­ige Sprüche auftauchen und da muss ich einfach meine Meinung dazu sagen. Was bei Ihren Social-Media-Auftritten auch auffällt, ist, dass Sie sich oft ungeschmin­kt oder mit Sturmfrisu­r zeigen.

Ich bin der uneitelste Schauspiel­er, den man sich nur vorstellen kann. Immer nur schön sein zu wollen, ist total langweilig! Ich gehe auch mal hässlich vor die Kamera, wenn’s zur Rolle passt. Ich werd’ doch nicht eine Kranke spielen und wunderschö­n ausschauen. Da erzählen wir doch ein Märchen! Haben Sie diese Bodenständ­igkeit auch von daheim mitbekomme­n?

Das ist einfach meine Natur. Warum soll ich den Fans vorgaukeln, ich sei etwas Besseres als sie? Der eine ist Bäcker, die andere ist Schusterin, mein Beruf ist halt Schauspiel­erin. Sie haben es bereits erwähnt: „Sturm der Liebe“läuft auch in Italien, Ihrer zweiten Heimat. Haben Sie „Tempesta d’amore“schon einmal gesehen?

Ja, und ich habe dort eine richtig hohe, fast nervige Hausfrauen­stimme (lacht)! Werden Sie in Italien oft von Fans erkannt?

Weiß Gott! Gerade in Italien! Dort sind wir die wirklichen Superstars. Unglaublic­h, was ich da schon erlebt habe – aber die Italiener sind sehr respektvol­l. Sie überschrei­ten nicht gewisse Grenzen. In Deutschlan­d und in Österreich passiert es mir manchmal, dass ich einfach heimlich fotografie­rt werde undalle glauben, ich merke es nicht. Das ist mir in Italien noch nie passiert! Die letzte Folge „Sturm der Liebe“haben Sie Anfang März gedreht. Welche Rolle würde Sie jetzt reizen?

Alle. Sie hören jetzt sicher nicht: „Ich würde gerne Kommissari­n beim ,Tatort‘ werden.“Weil dann steht da: „Sie will ‚Tatort‘-Kommissari­n werden.“Würd’ ich natürlich auch gern – aber ich würde gerne alles spielen. Was interessan­t ist, spiele ich.

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Auch mit 61 nicht erwachsen: „Wenn wir unsere Kindlichke­it nicht behalten, könnten wir ja nur heulen“
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Mitte Mai verlässt Charlotte (Seefried) das Serienhote­l Fürstenhof

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