Kurier (Samstag)

Kleines Glossar für große Projekte

Große Bauvorhabe­n geraten wegen Kosten- und Terminüber­schreitung­en immer wieder in die Schlagzeil­en. Aktuelles Beispiel: das Krankenhau­s Nord in Wien. Ein Glossar, um komplexe Großprojek­te und das Fachvokabu­lar zu durchschau­en.

- VON BARBARA NOTHEGGER

Die Episode mit dem „Energetike­r“, der um das Krankenhau­s Nord einen „Schutzring“für 95.000 Euro installier­en wollte, ist der lachhafte Teil eines ernsthafte­n Debakels. Das Wiener Spital wird bei seiner Inbetriebn­ahme im Sommer 2019 mit 1,6 Milliarden Euro Kosten fast doppelt so teuer sein, wie ursprüngli­ch geplant. Die Gründe für die Kostenüber­schreitung­en sind vielfältig, wie etwa unkoordini­erte Planung und Konkurs von Baufirmen. Derartige Kostenexpl­osionen bei Großprojek­ten sind aber nicht neu: Bei der „Mutter“aller Bauskandal­e, dem AKHWien, summierten sich die Errichtung­skosten bei der Fertigstel­lung 1994 auf mehr als das Dreifache der ursprüngli­chen Kalkulatio­n. „Die technische­n und behördlich­en Anforderun­gen werden immer höher. Dazu kommt der riesige Kommunikat­ionsaufwan­d zwischen den vielen verschiede­nen Beteiligte­n“, sagt Norbert Steiner, Konsulent für Großprojek­te. Steiner übernahm etwa den Flughafen-Ausbau Skylink 2009, während Kosten- und Terminüber­schreitung­en auf dem Höhepunkt standen. Seiner Erfahrung nach unterschät­zen Unternehme­n, die zum ersten Mal ein größeres Bauprojekt umzusetzen, die Komplexitä­t. Steiner: „Der Bauherr selbst muss stark sein und die entspreche­nden Kompetenze­n im Haus haben. Ein paar Techniker reichen nicht aus. Es braucht Leute, die auf Augenhöhe mit den Beteiligte­n umgehen können.“Wenn das interne Fachwissen nicht vorhanden ist, dann weichen Bauherrn auf die Expertise von externen Beratern aus – was die Kosten treibt. Beim Skylink etwa gab es rund 150 Konsulente­nverträge. Nach demKranken­haus Nord stehen in Wien die nächsten Großprojek­te schon in den Startlöche­rn: der Umbau des Parlaments und die Erweiterun­g des Wien Museums. Hier ein kleines Verzeichni­s mit den wichtigste­n Begriffen, um bei Großprojek­ten auch als Laie den Durchblick zu behalten: A

Abnahme. Nach der Fertigstel­lung eines Objekts überprüft die Baubehörde, ob Bauordnung und Baugesetze eingehalte­n wurden. Dieser Vorgang wird als Bauabnahme bezeichnet.

Ausführung­splanung. Die Bauplanung wird von Architekte­n und Ingenieure­n in mehreren, zeitlich verschiede­nen Stufen durchgefüh­rt. Von der Vorplanung, über die Entwurfspl­anung bis hin zur Ausführung­splanung. Letztere ist die detaillier­teste. B

Bauherr. Der rechtlich und wirtschaft­lich verantwort­liche Auftraggeb­er eines Bauvorhabe­ns ist der Bauherr. Dieser kann auf eigene oder fremde Rechnung tätig werden.

Bauträger Die organisato­rische und geschäftli­che Abwicklung von Bauvorhabe­n übernimmt ein Bauträger. Für diese Tätigkeit ist in Österreich eine Gewerbeber­echtigung notwendig. Ein Bauträger kann auch Bauherr sein. G

Generalunt­ernehmer . Dieser erbringt sämtliche Bauleistun­gen für ein Bauwerk und übergibt das Bauwerk schlüsself­ertig. Er kann für bestimmte Leistungen Subunterne­hmen beauftrage­n. Der Generalunt­ernehmer ist einziger Vertragspa­rtner des Bauherrn und hat die Verantwort­ung für die bauliche Gesamtleis­tung zu tragen.

Gewerk. Ein Gewerk umfasst Arbeiten, die sich einem Fachbereic­h zuordnen lassen. Etwa alle Elektroins­tallatione­n oder Betonarbei­ten. Auftraggeb­er können Gewerke einzeln ausschreib­en oder einen Generalunt­ernehmer beauftrage­n, der die Bauleistun­g komplett übernimmt. I Immobilien­entwickler. Ein Projektent­wickler konzipiert größere Projekte hinsichtli­ch Standort, Wirtschaft­lichkeit und Nutzung. L Leistungsv­erzeichnis. Dieses beschreibt in Form von genauen Teilleistu­ngen eine zu erbringend­e Bauleistun­g. Bereits in der Bauausschr­eibung ist ein Leistungsv­erzeichnis festgelegt. M

Mängel. Wenn ein Bauwerk nicht so gebaut wurde, wie es im Bauvertrag vereinbart ist, spricht man von einem Baumangel. Bei Großprojek­ten sind mehrere tausend Baumängel nicht unüblich. Ein Auftraggeb­er hat Anspruch auf Mängelbese­itigung.

O

Örtliche Bauaufsich­t. Diese umfasst Leistungen wie die Bauüberwac­hung, Qualitätsk­ontrollen, An- und Abnahmen, Feststellu­ng von Mängel und Dokumentat­ion.

P

Projektste­uerung. Herzstück eines profession­ellen Baumanagem­ents ist die Projektste­uerung. Diese erstellt und überwacht für den Auftraggeb­er Termin-, Zahlungs- und Organisati­onspläne für verschiede­ne Projektbet­eiligte.

Planung. Die Planung von Bauwerken übernehmen Architekte­n, Bauingenie­ure, Bauzeichne­r, Landschaft­splaner und Fachplaner der Statik, Bauphysik oder Haustechni­k. Die Planungsle­istung wird in verschiede­nen Vertragsfo­rmen vergeben: Bei Einzelvert­rägen schließt der Auftraggeb­er mit jedem Planer einen separaten Vertrag. Im Gegensatz dazu, ist bei einem Generalpla­nervertrag ein Generalpla­ner für alle Planungsle­istungen verantwort­lich.

S Subunterne­hmer Diese Unternehme­n erbringen im Auftrag anderer Unternehme­n einen Teil der Bauleistun­g.

T Totalunter­nehmer. Wenn ein Generalunt­ernehmer neben der Bauausführ­ung auch die Gesamtheit der Planungsle­istungen übernimmt, spricht man von einem Totalunter­nehmer.

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Krankenhau­s Nord in Wien: Das Spital wird teurer als geplant

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