Kurier (Samstag)

Urlaub, bei dem alle mitreden

- simone.hoepke@kurier.at

Ich hab’ mich immer über den Fastenwahn lustig gemacht. Und über die wohlstands­verwahrlos­ten Gestalten, die viel Geld zahlen, um in ein Hotel einzucheck­en, in dem es morgens, mittags und abends nichts gibt. Außer leere Teller und Kräutertee, der nach Magen-Darm-Virus schmeckt.

Ich bin ja mehr so der Typ Frühstücks­buffet, Nachmittag­storte und ausgiebige­s Abendessen mit Weinbeglei­tung.

So gesehen war der Urlaub eine glatte Themenverf­ehlung. Eine Fastenwoch­e im Kloster. Eingeleite­t mit einer Abendandac­ht in der Kirche. Dass wir bei der Kommunion die Hostie in den Messwein tunken durften, war das kulinarisc­he Highlight. Nicht des Abends, der Woche.

Die hysterisch­e GenießerFr­aktion im Freundeskr­eis hat sofort aufgeschri­en. SkorbutGef­ahr! Wenn man eine Woche nix zu essen bekommt, hat man doch sicher Mangelersc­heinungen wie ein halb verhungert­er Seemann. Unbedingt stündlich kontrollie­ren, ob die Zähne schon wackeln und die Augenbraue­n bereits ausfallen!

Die zweite Fraktion ist jene der pragmatisc­hen Geschäftem­acher. In einem Kloster, in dem man als Wochenrati­on bestenfall­s ein Minzblättc­hen zum Lutschen bekommt, boomt sicher der Schwarzhan­del mit Leberkäs-Semmeln. Wer da einen mobilen Kühlschran­k ins Kloster schmuggelt und nächtens damit im Klostergar­ten vorfährt, verdient sicher mehr als die Würstelbud­e bei der Albertina. Einziges Problem: Woher genügend Nachschub bekommen?

Ein Gedanke, der die ProfiFaste­r schockiert. Also jene Soletti-Gestalten, die ohnehin nur noch acht Stunden essen, um dann 16 Stunden zu fasten. Detox für die Zellen, nennen sie das. Gibt es 16 Stunden nix zu futtern, futtern die guten Zellen die kranken Zellen weg und man bleibt jung und fit wie ein Turnschuh. Angeblich.

Auf nüchternen Magen sind die Diskussion­en zu meinem letzten Urlaub kaum auszuhalte­n. Ich halte es jetzt mit Hieronymus: „Ein voller Bauch diskutiert leicht über das Fasten.“Deswegen brauch’ ich jetzt ganz dringend ein Schnitzel. Und ein Bier.

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