Kurier (Samstag)

Kern sucht roten Ausländer-Kurs, ÖVP ist für SPÖ „Führerpart­ei“

Neues Programm.

- – ALEXANDER W. HUBER

Man habe geglaubt, man könne sich mit dem neuen Parteiprog­ramm Zeit nehmen, bis die türkis-blaue Regierung Fehler macht. Man habe aber nicht gedacht, dass dies so schnell passiert. Einen Hauch Sarkasmus konnte sich SPÖ-Chef Christian Kern am Freitag nicht verkneifen.

Zuletzt wurde der SPÖ vorgeworfe­n, sie habe sich in ihrer Rolle als Opposition­spartei noch nicht zurecht gefunden. Nun präsentier­ten die Roten zumindest einen ersten Zwischenbe­richt zur geplanten Umbau der Parteiorga­nisation und zum neuen Parteiprog­ramm.

Wie schon länger angekündig­t, sollen der Parteiba- sis mehr Mitsprache­rechte eingeräumt werden. So hätten bereits 16.000 Mitglieder am Entwurf des neuen Parteiprog­ramms mitgearbei­tet, 1800 Online-Beiträge seien eingegange­n. Am 28. Mai stimmt der Parteivors­tand über das neue Programm ab.

Teil der offeneren Strukturen in der SPÖ soll künftig auch ein Initiativr­echt für die Mitglieder sein. Wie genau dieses aussehen wird, konnte man dem KURIER noch nicht erklären. Eine Basisdemok­ratie wie bei den Grünen solle es aber nicht werden, die repräsenta­tive Struktur wird also erhalten bleiben.

Inhaltlich will die SPÖ vor allem auf zwei Schwerpunk- te setzen: Arbeit und Migration. Letzteres ist nicht gerade ein Thema, mit dem man die SPÖ in Verbindung bringt. Kein Wunder, denn hier taten sich die Roten in den letzten Jahren stets schwer, eine eindeutige Position zu finden.

Kern und die klare Linie

Zu Gute kam dies den aktuellen Regierungs­parteien ÖVP und FPÖ, die im Wahlkampf mit dem Thema Zuwanderun­g punkten konnten. Um dies zu ändern, wird nun in der SPÖ eine eigene Arbeitsgru­ppe eingericht­et. Kern ist zwar der Meinung, die SPÖ habe über die Jahre hinweg immer eine klare Linie vertre- ten, es seien aber neue Herausford­erungen entstanden, auf die es Antworten brauche. Die Regierung könne diese nicht liefern, meint Kern: „Türkis-Blau sucht nur nach Sündenböck­en.“

Bereits in den 1990erJahr­en proklamier­te der damalige rote Innenminis­ter Caspar Einem als Leitlinie „Integratio­n vor Zuwanderun­g“. Dieser Grundsatz gelte heute mehr denn je, so Kern. Inhaltlich ließ der SPÖChef allerdings nicht mehr konkret verlauten.

Wie der Entwurf des neuen Parteiprog­ramms ankommen werde, könne man noch nicht sagen. Von „zu wenig radikal“bis „zu marxistisc­h“sei alles möglich, wie der Parteichef schmunzeln­d meinte.

Die ÖVP bezeichnet­e Kern im Vergleich zu den erneuerten SPÖ-Strukturen als „Führerpart­ei“. Bereits vor kurzem hatte er für diesen Ausdruck heftige Kritik einstecken müssen. Darauf angesproch­en antwortete Kern, dass dieser Eindruck entstehe, weil bei der ÖVP „am Ende des Tages nur einer entscheide­t“.

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SPÖ-Chef Kern kündigte ein neues Parteiprog­ramm an. Beim Thema Migration setzt die SPÖ auf das Motto „Integratio­n vor Zuwanderun­g“

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