Kern sucht roten Ausländer-Kurs, ÖVP ist für SPÖ „Führerpartei“
Neues Programm.
Man habe geglaubt, man könne sich mit dem neuen Parteiprogramm Zeit nehmen, bis die türkis-blaue Regierung Fehler macht. Man habe aber nicht gedacht, dass dies so schnell passiert. Einen Hauch Sarkasmus konnte sich SPÖ-Chef Christian Kern am Freitag nicht verkneifen.
Zuletzt wurde der SPÖ vorgeworfen, sie habe sich in ihrer Rolle als Oppositionspartei noch nicht zurecht gefunden. Nun präsentierten die Roten zumindest einen ersten Zwischenbericht zur geplanten Umbau der Parteiorganisation und zum neuen Parteiprogramm.
Wie schon länger angekündigt, sollen der Parteiba- sis mehr Mitspracherechte eingeräumt werden. So hätten bereits 16.000 Mitglieder am Entwurf des neuen Parteiprogramms mitgearbeitet, 1800 Online-Beiträge seien eingegangen. Am 28. Mai stimmt der Parteivorstand über das neue Programm ab.
Teil der offeneren Strukturen in der SPÖ soll künftig auch ein Initiativrecht für die Mitglieder sein. Wie genau dieses aussehen wird, konnte man dem KURIER noch nicht erklären. Eine Basisdemokratie wie bei den Grünen solle es aber nicht werden, die repräsentative Struktur wird also erhalten bleiben.
Inhaltlich will die SPÖ vor allem auf zwei Schwerpunk- te setzen: Arbeit und Migration. Letzteres ist nicht gerade ein Thema, mit dem man die SPÖ in Verbindung bringt. Kein Wunder, denn hier taten sich die Roten in den letzten Jahren stets schwer, eine eindeutige Position zu finden.
Kern und die klare Linie
Zu Gute kam dies den aktuellen Regierungsparteien ÖVP und FPÖ, die im Wahlkampf mit dem Thema Zuwanderung punkten konnten. Um dies zu ändern, wird nun in der SPÖ eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet. Kern ist zwar der Meinung, die SPÖ habe über die Jahre hinweg immer eine klare Linie vertre- ten, es seien aber neue Herausforderungen entstanden, auf die es Antworten brauche. Die Regierung könne diese nicht liefern, meint Kern: „Türkis-Blau sucht nur nach Sündenböcken.“
Bereits in den 1990erJahren proklamierte der damalige rote Innenminister Caspar Einem als Leitlinie „Integration vor Zuwanderung“. Dieser Grundsatz gelte heute mehr denn je, so Kern. Inhaltlich ließ der SPÖChef allerdings nicht mehr konkret verlauten.
Wie der Entwurf des neuen Parteiprogramms ankommen werde, könne man noch nicht sagen. Von „zu wenig radikal“bis „zu marxistisch“sei alles möglich, wie der Parteichef schmunzelnd meinte.
Die ÖVP bezeichnete Kern im Vergleich zu den erneuerten SPÖ-Strukturen als „Führerpartei“. Bereits vor kurzem hatte er für diesen Ausdruck heftige Kritik einstecken müssen. Darauf angesprochen antwortete Kern, dass dieser Eindruck entstehe, weil bei der ÖVP „am Ende des Tages nur einer entscheidet“.