Kurier (Samstag)

Dünner Plan B für EU-Firmen

Europäisch­e Unternehme­n wollen nicht Ziel von US-Sanktionen werden

- AUS BRÜSSEL INGRID STEINER-GASHI

„Die Signale aus den USAsind schlecht.“Alles deute darauf hin, sagt ein hochrangig­er Diplomat in Brüssel zum KURIER, dass US-Präsident Donald Trump seine Drohung wahr macht: Er könnte in genau einer Woche den Ausstieg der USA aus dem internatio­nalen Atomabkomm­en mit dem Iran anordnen. Unablässig schimpft Trump: Der noch von seinem Vorgänger Obama abgeschlos­sene Vertrag sei der „schlechtes­te Deal aller Zeiten“. Seine engsten außenpolit­ischen Berater, von Ultra-Hardliner John Bolton bis zum neuen Außenminis­ter Mike Pompeo, dürften Trump in dieser unnachgieb­igen Haltung nur noch bestärken, mutmaßt der europäisch­e Diplomat.

Die Folgen eines US-Ausstiegs vom Iran-Deal wären fatal: Der Iran könnte seine nuklearen Aktivitäte­n wieder hochfahren. Ein atomares Wettrüsten in der Region wäre unausweich­lich – bis hin zum steigenden Risiko einer „militärisc­hen Option“.

Aber auch die EU und ihre im Iran aktiven Unternehme­n bekämen die Konsequenz­en der amerikanis­chen Kehrtwende zu spüren: Der Ausstieg der USAaus dem Deal vollzieht sich, indem Präsident Trump die Aussetzung der geltenden US-Sanktionen gegen den Iran nicht mehr verlängert. Bisher legte der Präsident alle 120 Tage die Strafmaßna­hmen jedes Mal aufs Neue auf Eis.

Nun aber dürfte Trump die Sanktionen wirksam werden lassen. „Damit wird die Logik des Abkommens untergrabe­n“, schildert der Diplomat, „denn es sollte die Rückkehr des Iran in die Weltwirtsc­haft und besonders in die Finanzwirt­schaft ermögliche­n.“

Der wirtschaft­liche „Fallout“nach dem Ende des Ab- kommens würde viele europäisch­e Unternehme­n treffen. Denn europäisch­en Firmen drohen in den USA horrende Strafen, sollten sie Geschäfte mit iranischen Partnern betreiben, die auf US-Sanktionsl­isten stehen. Besonders im Fokus stehen dabei EU-Finanzinst­itute.

Die Notbremse

Aus Sorge vor US-Strafen zogen viele Unternehme­n bereits vorab die Notbremse – wie etwa die österreich­ische Oberbank. Sie hatte im September ein Abkommenmi­t14 iranischen Banken im Wert von einer Milliarde Euro zur Finanzieru­ng von zivilen Projekten im Iran abgeschlos­sen. Dann drehte der Wind in Washington – und das Bankhaus fuhr seine Aktivitäte­n vorsorglic­h massiv zurück.

Rund 20 Milliarden Euro betrug das Handelsvol­umen der EU mit dem Iran im Vorjahr – weniger, als man in der EU erhofft hatte, aber doch eine Verdreifac­hung seit Abschluss des Atomabkomm­ens im Jahr 2015. Damit mit diesem Plus nicht gleich wieder Schluss ist, sucht man in Brüssel hektisch nach einem Plan B für die europäisch­en Firmen. Diskutiert wird die Möglichkei­t, sämtliche Transaktio­nen nicht in Dollar, sondern in Euro abzuwickel­n. Oder aber die Wieder-Belebung der 1996 erlassenen „EU-Blocking-Regulierun­g“: Diese sollte EU-Unternehme­n schützen, indem sie ihnen untersagt, sich an die USSanktion­en zu halten.

Groß ist das Vertrauen in diese möglichen Schritte in Brüssel vorerst nicht. „Das sind wohl eher symbolisch­e Aktionen“, meint ein EU-Beamter gegenüber der Financial Times. Allein die Unsicherhe­it vor dem, was nun aus Washington komme, habe bereits jetzt einen extrem negativen Effekt.

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Mit dem jüngsten Wirtschaft­saufschwun­g im Iran könnte sehr bald wieder Schluss sein – wenn die USA in einer Woche wie angedroht aus dem Atomabkomm­en aussteigen
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Wollten Handel ausbauen: Fischer 2015 bei Irans Staatschef Rohani

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