Kurier (Samstag)

„Haben den Libanon und Syrien vor Terroriste­n verteidigt“

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KURIER: Könnten die derzeitige­n Vorfälle in Syrien zu einer weiteren US-Interventi­on führen? Ammar Mussawi: Einige Weltmächte dachten, sie würden den Zusammenbr­uch des Assad-Regimes erleben, doch das ist nicht passiert. Diese Mächte haben die Terroriste­n (Rebellen) in Syrien unterstütz­t und tun es nach wie vor, sogar Trump. Und jetzt, da das Regime auf dem Vormarsch ist und die Opposition verliert, versuchen sie, das zu rechtferti­gen. Warum sollte das syrische Regime, das auf dem Vormarsch ist, chemische Waffen einsetzen? Es gab viel härtere Zeiten für das Regime, und es setzte keine C-Waffen ein. Das Problem des Westens war schon immer, dass sie glauben, sie seien im Besitz der Wahrheit. Es ist keine Diskussion mit ihnen möglich. Aber abgesehen davon: Alle Anschuldig­ungen werden nichts verändern, selbst wenn sie das Regime bombardier­en. Jeder Angriff der USA und Israels wird eine rechtswidr­ige Aggression bleiben. Wer gibt ihnen das Recht, so zu verfahren? Sind sie Richter und Feind zugleich? Die Hisbollah hat ungefähr 1600 Kämpfer in Syrien verloren. Wie können Sie diese Verluste ersetzen?

Ja, wir haben viele Märtyrer verloren. Sie haben den Libanon und Syrien vor Terroriste­n verteidigt. Trotzdem sind wir nach wie vor bereit, uns gegen Israel zu verteidige­n – selbst deren Generale sagen, dass die Hisbollah durch diesen Krieg viel an Erfahrung gewonnen hat. Thema Gaza-Proteste, wo minderjähr­ige Palästinen­ser über die Grenze ins Feuer geschickt werden. Halten Sie das für ok? Was in Gaza passiert, ist eine weitere israelisch­e Aggression gegen die Palästinen­ser. Das sind Menschen ohne Waf- fen, die brutal getötet werden. Die Verantwort­ung sollte nicht bei den Palästinen­sern, sondern bei den Israelis gesucht werden. Die Spannungen zwischen der Hisbollah und Israel nehmen zu. Gibt es ein Kriegsrisi­ko?

Die Israelis sind die aggressive Partei in diesem Konflikt, sie sind beispielsw­eise illegal durch unseren Luftraum geflogen, um Syrien zu bombardier­en. Sowohl die libanesisc­he Armee als auch wir, der Widerstand, sollten jederzeit für einen Konflikt mit Israel bereit sein. Durch diese Bereitscha­ft wird Israel den Libanon nicht so schnell attackiere­n. In der Region herrscht ein Konflikt Iran – Saudi-Arabien. Wie beeinfluss­t dieser Konflikt den Libanon?

Nach unserer Meinung sollten diese Differenze­n den Libanon nicht beeinfluss­en. Wir hoffen, dass beide Länder zu einer Lösung finden. Ich weise aber darauf hin, dass es Saudi-Arabien war, das unseren Premier Saad Hariri vergangene­n Herbst gegen dessen Willen festgehalt­en hat. Das war ein klarer Versuch des saudischen Königshaus­es, die Sicherheit und Stabilität im Libanon zu zerstören. Durch Einigkeit der libanesisc­hen Bevölkerun­g konnte die Krise gelöst werden. Sie haben im Libanon eine Flüchtling­skrise: 1,8 Millionen Syrer sind im Land. Wie kann dieses Problem gelöst werden?

Wir benötigen die Unterstütz­ung der internatio­nalen Gemeinscha­ft. Diese ist auch für dieses Problem verantwort­lich. Es sind nicht die Libanesen, die die Syrien-Krise verursacht haben, während die internatio­nale Gemeinscha­ft versucht, Syrien zu destabilis­ieren. Trotzdem haben wir – so wie manche andere Länder – keine Flüchtling­e in Boote gesetzt und nach Europa geschickt. Die Welt will, dass wir die Flüchtling­e von Europa fernhalten – mein Gegenvorsc­hlag: Die Lage in Syrien wird ruhiger, warum sollten die Syrer nicht in ihr Land zurückkehr­en? Die UNO ist in Syrien und im Libanon präsent. Kann sie helfen, die Probleme zu lösen?

Wir hoffen es. Und wir hoffen, dass sie Fortschrit­te machen werden, ohne dass ihnen jemand Steine in den Weg legt und unterstütz­en jeden, der für Reformen in der UNO kämpft. Wie sollten diese Reformen aussehen?

Es sollte ein Gleichgewi­cht zwischen den Ländern herrschen, sodass die Probleme in der Region – vor allem das der Palästinen­ser – gelöst werden. In den vergangene­n 70 Jahren hat die UNO nichts für die Palästinen­ser getan.

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Hisbollah-Außensprec­her Ammar Mussawi im Gespräch mit KURIER-Redakteur Armin Arbeiter in Beirut

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