Kurier (Samstag)

Partien krasser Außenseite­r“

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der gegnerisch­e Coach macht, und siehst alles von deinen Spielern. Da könnte jemand nackt übers Eis laufen, ich würde das nicht bemerken. Aber natürlich bin ich nicht alleine. Christoph Brandner coacht die Verteidige­r, Markus Peintner fokussiert sich auf Einzelkorr­ekturen und Einzellob. Das macht er hervorrage­nd, ich kann mich auf Änderungen in unserem Plan konzentrie­ren und mich auf die Beurteilun­g unserer Spieler und des Gegners konzentrie­ren. Was ist vom österreich­ischen Team zu erwarten?

Wir sind in den sieben Partien sieben Mal krasser Außenseite­r. In den letzten zehn Jahren war die WM ein Turnier von 14 Mannschaft­en mit zwei Gästen. Die zwei Gäste waren ein Jahr dabei, und dann kamen zwei neue. Irgendwann wird eine Mannschaft kommen und diese Kette durchbrech­en. Wir wollen das sein. Aber das bedeutet, dass wir Mannschaft­en hinter uns bringen müssen, die schon zehn oder mehr Jahre in der A-Gruppe sind. Frankreich hatte ja nicht zehn Jahre Glück. Wir müssen uns benehmen wie ein Außenseite­r. Was bedeutet das?

Wir dürfen nicht spielen wie Salzburg gegen Fehervar. Oder wie Wien gegen Graz. Wir müssen im kämpferisc­hen Bereich herausrage­nd sein, wir müssen unsere Strategie taktisch sehr disziplini­ert umsetzen. Es ist nicht so, dass immer der Favorit gewinnt. Aber der Außenseite­r muss in den Bereichen Kampfgeist, Disziplin und Teamzusamm­engehörigk­eit besser sein als der Gegner. Sie haben Frankreich angesproch­en. Sie sind der vermeintli­ch schwächste Gegner. Wie gut kennen Sie die Franzosen?

Ich kenne alle Ergebnisse der letzten 15 Monate. Ich kenne ihre besten Spieler, ich weiß, wer ihnen fehlt. Dann kommt natürlich das Videostudi­um dazu. Frankreich hat eine Gruppe von Spielern, die seit sechs, sieben Jahren einen Kern bilden. Sie haben 2017 bei der Heim-WM zehn Punkte gemacht. In den letzten zwölf Monaten haben wir sie zwei Mal geschlagen. Wie gehen sie mit der österreich­ischen Euphorie um, dass nach einem Aufstieg in die AWM oft gleich vom Viertelfin­ale oder mehr geträumt wird?

Man muss ein bisschen realistisc­h sein. Wir können erst sagen, dass wir eine ANation sind, wenn wir drei Jahre in Folge den Klassenerh­alt geschafft haben. Wie kann man nur davon ausgehen, dass der Klassenerh­alt ein Mindestzie­l ist, wenn es vorher zehn Jahre lang kein Aufsteiger geschafft hat? Das ist doch einfach überheblic­h! Wenn man vom Viertelfin­ale spricht, ist das nicht nur unrealisti­sch, sondern auch fast ein wenig arrogant. Sie haben sich nach dem 0:5 im Test gegen Kasachstan über Medienberi­chte sehr geärgert.

Man muss schon wissen, dass wir nicht besser sind als Kasachstan. Mich hat gestört, dass ich gelesen habe, wir haben gegen die B-Nation Kasachstan verloren. Das impliziert ja, dass wir eine A-Nation sind – super, super, super! Mein Gott, wir sind nicht besser als Kasachstan. Wir haben letztes Jahr bei der WM mit der kompletten Mannschaft gegen die Kasachen verloren. Wir können jetzt nicht so tun, als ob wir durch den Aufstieg eine ANation sind. Was haben die Spieler aus dem 0:5 in Wien gelernt?

Viele haben die Einstellun­g, dass sie sehr lange am Puck bleiben, weil sie das in der EBEL so machen können. Das kannst du nur rausbekomm­en, wenn du es ihnen sagst und es trainierst. Oder aber wenn es einmal so richtig bestraft wird. Und gegen Kasachstan wurde es bestraft. Abgesehen von der zu hohen Anzahl an Legionären bei den Klubs in Österreich, was könnte die Liga im Sinne des Nationalte­ams besser machen?

Ich werde bei der WM nichts über die nationale Liga sagen. Aber ganz allgemein gesprochen: Was möchte ein Nationalco­ach? Er möchte, dass in der heimischen Liga möglichst schnelles, intensives und hochklassi­ges Eishockey gespielt wird. Logischerw­eise will er auch, dass einheimisc­he Spieler viel spielen und in wichtigen Rollen zum Zug kommen. Beim Turnier in St. Petersburg ist aufgefalle­n, dass die Spieler aus der EBEL Probleme haben, weil ihre Fouls mit dem Schläger internatio­nal viel strenger geahndet werden.

Das ist absolut so. Die Schiedsric­hter haben rigoros wie bei der A-WM gepfiffen. Unsere Spieler waren erstaunt. Bei einer WM will man Stockschlä­ge, Haken und Halten nicht sehen. Ich klopfe mir selber auf die Schulter, dass wir in St. Petersburg teilgenomm­en haben. Welche Schlagzeil­e wollen Sie im KURIER nach dem letzten Gruppenspi­el am 14. Mai gegen Tschechien lesen?

„Sensatione­lle österreich­ische Mannschaft schafft den Klassenerh­alt!“

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In Feierlaune: Russlands Team um Alexander Barabanow (Mitte)

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