Kurier (Samstag)

Länder liefern dem Bund bei der Pflege einen Lizitation­s-Poker

Kommende Woche soll das akute Loch bei den Pflegekost­en gestopft werden. Löger bremst Länder.

- VON MARTIN GEBHART UND DANIELA KITTNER

Es ist etwa ein Jahr her, in der heißen Phase der zerbrechen­den rot-schwarzen Regierung und des anlaufende­n Nationalra­tswahlkamp­fes: Die SPÖ beantragte im Parlament die Abschaffun­g des Pflegeregr­esses mit der Gegenfinan­zierung durch eine Erbschafts­steuer.

Die ÖVP stimmte auf Anweisung von Sebastian Kurz der Abschaffun­g des Pflegeregr­esses zu, obwohl sie eigentlich für dessen Aufrechter­haltung war. Aber: Wahlkampf eben.

Offen blieb eine Gegenfinan­zierung – und dieses Problem hat nun Finanzmini­ster Hartwig Löger auszubaden.

Zuständig für die Finanzieru­ng der Pflege sind die Bundesländ­er. Diese haben jedoch keine eigenen Steuereinn­ahmen und laufen seit Monaten beim Finanzmini­ster Sturm. Der Bund habe die durch das Abschaffen des Pflegeregr­esses entstehend­en Löcher zu stopfen.

Neues Löger-Gebot

So weit, so konsensual. Aber wie groß sind die Löcher? Darüber herrscht bis dato kein Konsens. Und die Zeit drängt: Am kommenden Mittwoch in der Landeshaup­tleutekonf­erenz soll eine Lösung her, denn sonst klagen die Länder den Bund beim Verfassung­sgerichtsh­of.

Also treffen die Finanzrefe­renten der Länder am kommenden Montag – wie bereits vor einer Woche – in Wien mit dem Finanzmini­ster zusammen, um die Größe des Finanzloch­s auszustrei­ten.

Löger begann einmal mit 100 Millionen Euro im Jahr.

Die Länder konterten mit 650 Millionen Euro pro Jahr.

Inzwischen werden vorgeblich­e Kompromiss­e lanciert. Jeden Tag liest der Finanzmini­ster eine andere Zahl, der er angeblich zugestimmt hat, in der Zeitung: einmal waren es 300 Millionen, ein andermal 350 Millionen, zuletzt 400 Millionen. Ein Lizitation­spoker. In Wahrheit gibt es noch keinen Kompromiss. Das wird demKURIER von beiden Streitpart­eien – einerseits aus Fachkreise­n in der Bundesregi­erung, anderersei­ts von Länderseit­e aus Niederöste­rreich – bestätigt. Die aktuelle Ausgangsla­ge lautet: Löger hat zuletzt aufgebesse­rt und 230 bis 250 Millionen in Aussicht gestellt (statt der 100 Millionen, die er budgetiert hat). Er ist also bereit, auf die 100 noch 130 bis 150 pro Jahr draufzuleg­en. Jeder Euro zusätzlich müsse von den Ländern noch sachlich begründet werden.

Die Länder werden sich mit den 250 Millionen vermutlich nicht zufrieden geben. Allein Niederöste­rreich meldet fehlende 100 Millionen pro Jahr.

Pensionist­en zur Kasse

Eine Langfristl­ösung zur Pflegefina­nzierung, wie sie die Regierung versproche­n hat, liegt noch nicht vor. Zuletzt tauchte jedoch ein Grundgedan­ke auf, in dessen Richtung sich zumindest der türkise Teil der Bundesregi­erung bewegen dürfte: Die betroffene­n Pensionist­en sollen demnach die Pflege in einem Solidaraus­gleich selbst bezahlen. Ein Modell war noch nicht zu erfragen.

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Hartwig Löger muss ein Wahlkampfz­uckerl finanziere­n

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