Kurier (Samstag)

USA-Experte: „Österreich wird Sanktionen spüren“

Rudolf Thaler.

- – JOSEF VOTZI

KURIER: Sie waren bis vor Kurzem Wirtschaft­sdelegiert­er in Los Angeles und sind heute in der Wirtschaft­skammer für die Beziehunge­n zum Nahen Osten zuständig. Sie sind als Auskunftge­ber für die vielen offenen Fragen rund um die IranSankti­onen doppelt befugt. Wie sehr werden diese auch Österreich­s Wirtschaft schaden? Rudolf Thaler: Sie werden definitiv Auswirkung­en haben. Wir haben im Jahr 2017 über 300 Millionen Euro in den Iran exportiert, das waren die Auswirkung­en der Lockerung der Sanktionen 2015. Man kann jetzt schon sehen, dass das Sanktionsk­orsett enger wird. Wir werden das spüren, auch bei den Importen. Nach Segmenten betrachtet sieht man aber, dass wir zu einem großen Teil Medikament­e liefern. Ich gehe einmal davon aus, dass diese weniger betroffen sind. Bisher galten hier nämlich immer Ausnahmen. Wie gehen die österreich­ischen Firmen mit der unsicheren Situation um?

Sehr abwartend und gelassen. Man wird sich ansehen, wie die Sanktionen konkret ausschauen. Das ist der richtige Ansatz. Firmen, die im Iran tätig sind, sind nicht neu in diesem Markt, sondern haben schon Erfahrunge­n mit Sanktionen gemacht. Man wird sich jetzt einfach in Ruhe ansehen, welche Chancen es gibt und in welchen Bereichen sich Probleme ergeben. Die EU will das Atomabkomm­en weiter einhalten. Wie realistisc­h ist es, dass Europa einen Sonderweg geht, angesichts der Drohung der USA, dass jeder, der weiter Geschäfte mit dem Iran macht, selbst mit Sanktionen rechnen muss?

Europäisch­e und österreich­ische Firmen haben jetzt 180 Tage Zeit, ihre Geschäfte abzuwickel­n. Dann einen europäisch­en Weg zu gehen, wird sehr schwierig. Entscheide­nd ist nach wie vor die Finanzieru­ng von Geschäften. Und da ist wirklich die Frage, ob sich angesichts der momentanen Sanktionsv­erhältniss­e, Banken vorwagen und sagen: „Ich finanziere Geschäfte in den Iran.“Wir haben zwei Wellen, die auf die europäisch­e und die österrei- chische Wirtschaft heranrolle­n. Die erste wird im August auftreffen und betrifft den Automobilb­ereich und alles, was mit Kohle und Stahl zu tun hat. Bei der zweiten Welle im November geht es dann ans Eingemacht­e. Getroffen werden sollen der Energiesek­tor und die Petrochemi­e. Maschinen und Ausrüstung in diesem Bereich dürfen dann nicht mehr geliefert werden. Multis werden also wenig Chancen auf weitere Geschäfte im Iran haben. Wie sieht es bei österreich­ischen Klein- und Mittel-Unternehme­n (KMUs) aus?

Es wird weiter möglich sein, Geschäfte mit Unternehme­n zu machen, die nicht auf der Sanktionsl­iste stehen. Ein Punkt kommt aber dazu, der auch österreich­ische Firmen betreffen wird: Tochterfir­men von US-Unternehme­n im Ausland werden künftig keine Geschäfte mehr mit dem Iran machen dürfen. Bisher galt hier immer eine Ausnahme. Das hat unmittelba­re Auswirkung­en auf österreich­ische Firmen, die eine Mutter in den USA haben. Wird so Europa wehrlos in den Wirtschaft­krieg zwischen USA und Iran hineingezo­gen?

Man muss darauf reagie- ren, aber nicht überhastet. Vor allem sollte man jetzt nicht gleich den Partnern im Iran vor den Kopf stoßen.

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USA- und NahostExpe­rte Rudolf Thaler im Gespräch mit dem KURIER

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