Eine Rose – viele glückliche Mütter
Eine kenianische Blumenarbeiterin erzählt, wie sie und ihre Töchter von Fairtrade profitieren
Esther Juma steckt mitten in der stressigsten Zeit des Jahres. Um sechs Uhr morgens beginnt derzeit ihr Arbeitstag auf der Blumenfarm Bigot Flowers am Ufer des Naivasha Sees in Kenia. Je nach Jahreszeit wachsen hier bis zu 500.000 Rosen – Esther ist dafür zuständig, dass diese gezählt und verpackt werden. „Vor dem Valentinstag und dem Muttertag ist bei uns immer am meisten los“, erzählt die 29-Jährige im Skype-Gespräch mit dem KURIER. In vielen Vasen – auch in Österreich – werden am Sonntag „ihre“Rosen landen.
Das Geschäft mit den Blumenspielt in demostafrikanischen Land eine immer wichtigere Rolle: 100.000 Kenianer verdienen ihren Lohn in dieser Industrie, 90.000 sind, so wie Esther, auf Blumenoder Pflanzenfarmen beschäftigt, die Hälfte von ihnen sind Frauen. Die meisten arbeiten unter prekären Bedingungen: Viele Firmen zahlen gerade einmal 47 USDollar pro Monat, zudem kommen die Arbeiterinnen auf dem Feld ständig ungeschützt mit giftigen Chemikalien in Kontakt.
Esther nicht.
Frauenrechte stärken
Die Bigot Flowerfarm, auf der sie seit sechs Jahren beschäftigt ist, ist eine von 43 kenianischen mit einer FairtradeZertifizierung. Heißt: Hier gibt es fixe Arbeitsverträge, Mutterschutz, klare Arbeitszeitregelungen, Schutzkleidung und faire Löhne. „Ich habe so viele Freunde, die nicht in Fairtrade-Farmen arbeiten“, berichtet Juma. „Sie sind vielen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt und bekommen zum Beispiel kein Geld, wenn sie in Mutterschutz sind. Hier ist das ganz anders. Unsere Gesundheit ist nicht so sehr gefährdet, weil bestimmte Chemikalien gar nicht verwendet werden dürfen. Wir Arbeiterinnen haben hier die Möglichkeit, unseren Lebensstandard zu verbessern.“
Dazu zählt insbesondere, Frauen und Mädchen zu stärken. Viele Arbeiterinnen kennen ihre Rechte nicht, schlittern in Abhängigkeiten und sind mit sexuellem Missbrauch konfrontiert. „Bei uns haben Frauen und Männer die gleichen Rechte auf eine Anstellung. Frauen können sich wie Männer weiter- Esther Juma zweifache Mutter bilden und ihre Chancen für höhere Positionen auf der Farm verbessern“, erzählt Juma. Sie selbst ist das beste Beispiel: Vor sechs Jahren begann sie als Blumenpflückerin auf dem Feld, weil sich ihre Eltern nicht leisten konnten, sie auf ein College zu schicken. Fairtrade ermöglichte ihr vor einigen Jahren, ein Diplom in Informationstechnologie zu machen undineine höhere Position zu wechseln. Auch einen Führerscheinkurs konnte die jun- ge Kenianerin belegen. „Das ist wichtig, weil es mich in meiner Selbstständigkeit bestärkt.“
Noch wichtiger als ihre eigene Unabhängigkeit ist ihr, dass ihre beiden Töchter – Esther ist alleinerziehend – zur Schule gehen können. Bis zu 80 Prozent der Schulgelder bezahlt Fairtrade für die Kinder der Angestellten. „Bildung ist der Schlüssel“, sagt die zweifache Mama. „Das ist sehr wichtig. Wenn man Mädchen und Frauen stärkt und ihnen Bildung zukommen lässt, stärkt man die ganze Gemeinschaft. Es ist wichtig, dass Frauen ihre Rechte kennen. “
„Bildung ist der Schlüssel. Wer Mädchen stärkt, stärkt die ganze Gemeinschaft.“
Stipendien
Mit den Prämiengeldern, die zertifizierte Blumenfarmen von Fairtrade erhalten, wer- den Gemeinschaftsprojekte im Dorf finanziert – so profitieren nicht nur die Mitarbeiter der Farmen, sondern auch deren Familien und andere Dorfbewohner. „Bei uns wurde in Klassenräume investiert, außerdem wurden sanitäre Anlagen in öffentlichen Schulen errichtet“, erzählt Juma. Auch eine Geburtsklinik wurde mithilfe der Prämiengelder erbaut.
Auf den morgigen Muttertag freut sich Esther Juma besonders – sie wird ihn mit ihren Eltern und ihren beiden Töchtern verbringen. Ihr Wunsch für die Zukunft? „Ich wünsche mir, dass noch mehr Menschen FairtradeRosen kaufen, damit meine Kinder und die Kinder meiner Kolleginnen weiterhin zur Schule gehen können.“