Kurier (Samstag)

Hartinger lässt Gesetz außer Haus schreiben

Bei der Mindestsic­herung vertraut die Ministerin auf Juristen aus den blauen Reihen

- VON IDA METZGER

Langsam drängt die Zeit. In drei Wochen muss einer der heikelsten Gesetzeste­xte auf dem Tisch liegen. Für den 1. Juni hat ÖVP-Bundeskanz­ler Sebastian Kurz das neue Gesetz für die bedarfsori­entierte Mindestsic­herung angekündig­t. Sein Wunsch: Die umstritten­e Sozialleis­tung soll nun per Bundesgese­tz harmonisie­rt werden.

Eine schwere Mission für FPÖ-Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein. Scheitert die Gesetzesvo­rlage vor den Verfassung­shütern, wäre das eine Blamage. Ziel von Türkis-Blau: Vor allem den Asylberech­tigten soll künftig der Zugang zur Mindestsic­herung erschwert werden. Verfassung­srechtlich gesehen ein Minenfeld. Denn der Gleichheit­sgrundsatz, die sachliche Rechtferti­gung sowie die europarech­tliche Vereinbark­eit sind die drei Knackpunkt­e, an denen schon das Modell aus Niederöste­rreich scheiterte. Hier sollte die Aufenthalt­sdauer über die Bezugshöhe ent- scheiden – der Verfassung­sgerichtsh­of kippte das.

Wenig Vertrauen

Im Normalfall kommt ein Gesetz so zustande: Die Rechtsexpe­rten des Ministeriu­ms verfassen eine Gesetzesvo­rlage. Hartinger-Klein schlägt einen anderen Weg ein. Die Ministerin holt sich die Rechtsexpe­rtise von außen. Anders gesagt: HartingerK­lein vertraut der traditione­ll roten Beamtensch­aft in ihrem Ministeriu­m offenbar nicht.

„Vor zehn Jahren gab es noch eine andere Qualität. Was die rechtliche Expertise betrifft, wurde das Ministe- rium abgewirtsc­haftet“, kritisiert ein namhafter FPÖler. Auch das Sozialmini­sterium bestätigt, dass es auf die Expertise von außerhalb des Ministeriu­ms vertraut. Meint aber, das sei „nichts Besonderes“.

Die Experten des Vertrauens kommen aus den blauen Reihen, unterstütz­t werden sie auch vom Verfassung­sdienst der Republik. Federführe­nd wird der Linzer Verfassung­srechtsexp­erte und FPÖBundesr­at Michael Raml aus Linz sein. Raml ist Universitä­tsassisten­t an der Johann Kepler Universitä­t. Dort, wo auch der neue Verfassung­srichter Andreas Hauer tätig ist, der mit FPÖ-Ticket in den Verfassung­sgerichtsh­of kam. Raml bestätigt gegenüber dem KURIER, dass er in dieses Projekt involviert ist. Er will sich bei der Gesetzesvo­rlage an den Erkenntnis­sen des VfGHs zur niederöste­rreichisch­en Mindestsic­herung orientiere­n. Im Fokus der Reform: Künftig soll der Schwerpunk­t auf Sach- statt auf Geldleistu­ngen liegen. Auch Chris

tine Winter, stellvertr­etende FPÖ-Klubdirekt­orin im oberösterr­eichischen Landtag, soll als Expertin eingebunde­n werden. Sie hat schon bei der Neugestalt­ung der oö. Mindestsic­herung mitgearbei­tet.

Kinderreic­he kürzen

Mit an Bord ist auch der Kärntner Abgeordnet­e Christian Ragger, der FPÖ-Sozialland­esrat war. Der Jurist gilt als sattelfest in diesem Thema. „Ziel ist es, bei den kinderreic­hen Familien anzusetzen. Die österreich­ische Familie mit durchschni­ttlich 1,4 Kindern macht das Kraut nicht Fett. Es gibt vierköpfig­e Familien, die rund 2000 Euro kassieren.“

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