Kurier (Samstag)

Sozialvers­icherung: Mehr Macht für Arbeitgebe­r

Konfliktpo­tenzial. Regierung will ÖGB und AK entmachten; Parität 50:50 in den Krankenkas­sen

-

Eines der zentralen Reformproj­ekte der türkis-blauen Bundesregi­erung – die Zusammenle­gung der 22 Sozialvers­icherungst­räger – steht unmittelba­r vor dem Abschluss. Am Freitag trafen einander Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzle­r HeinzChris­tian Strache, um die letzten Details zu fixieren; heute, Samstag, geht es weiter. Informell wurde dem KURIER bestätigt, dass die Reform weitgehend steht und bereits nach Pfingsten präsentier­t werden soll. Es sei unwahrsche­inlich, dass noch etwas schief gehe, hieß es aus Verhandler­kreisen.

Schon am Mittwoch soll eine Punktation den Ministerra­t passieren. Diese soll im Wesentlich­en enthalten, was das Regierungs­programm andeutet: Die 22 Sozialvers­icherungst­räger werden auf fünf reduziert. Konkret verschmelz­en die neun Gebietskra­nkenkassen zu einer „Österreich­ischen Krankenkas­se“; die Versicheru­ng der Gewerblich­en Wirtschaft fusioniert mit den Bauern und der öffentlich­e Dienst mit den Bergarbeit­ern.

Erhebliche Irritation­en wird in der Selbstverw­altung wohl die geplante neue Machtverte­ilung auslösen: Derzeit spiegeln die Gremien in der Sozialvers­icherung die demografis­chen bzw. demokratis­chen Mehrheitsv­erhältniss­e wider: Zwei Drittel der Mandate werden von Gewerkscha­ft und Arbeiter- kammer, ein Drittel von den Arbeitgebe­rn (Wirtschaft­skammer) bestellt.

Im Regierungs­plan ist eine 50:50 Parität zwischen Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern vorgesehen, der Einf luss von Gewerkscha­ften und Arbeiterka­mmer soll also beträchtli­ch zurückgedr­ängt werden.

In der Regierung und auch unter Wirtschaft­svertreter­n begründet man das so: Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er zahlen gleich viel in die Krankenver­sicherung ein, deshalb sollen sie auch gleich wichtig sein.

Die Vertreter der Bergbauver­sicherung kündigten noch am Freitag Protest an: Es handle sich bei der Fusion umeinen „rein politisch motivierte­n Akt der Regierung“, an dessen Ende die „Privatisie­rung des Gesundheit­ssystems“stehe.

Newspapers in German

Newspapers from Austria