„Afghanistan ist nicht sicher“
Kabul-Botschafterin Ebrahimkhel besuchte von Abschiebung bedrohte Landsleute
Fröhlich herumtollende kleine Kinder, gastfreundliche Familien und etwas aufgeregte junge Männer empfangen den hohen Gast. Im etwas dezentral, in einem Linzer Gewerbegebiet liegenden Flüchtlingsquartier der Caritas Oberösterreich wird die afghanische Botschafterin in Österreich, Khojesta Fana Ebrahimkhel, von ihren Landsleuten respektvoll begrüßt. „Salam alaikum“, aber auch „Grüß Gott“ist zu hören. Die Diplomatin ist nach Linz gekommen um sich für ihre Landsleute gegen die zunehmende Zahl an negativen Asylbescheiden und Zwangsabschiebungen einzusetzen. Oberösterreichs Integrationslandesrat Rudi Anschober hat de Lokalaugenschein in Linz im Rahmen eines Schwerpunkttags organisiert (siehe unten).
„Die gute Stimmung der Leute hier ist bewundernswert“, macht Anschober die Botschafterin aufmerksam. 30 von 31 hier seit drei Jahren lebenden Afghanen haben einen (ersten) negativen Asylbescheid zugestellt bekommen. Weder Namen noch Fotos der Betroffenen dürfen veröffentlicht werden. „Man weiß nie wer das liest, die Asylverfahren sind jetzt das Wichtigste“, erklärt eine Caritas-Managerin.
Kein Jammern
Die Betroffenen selbst klagen bei der Diplomatin nicht über ihre Sorgen. Freundlich wird ihr Einlass in die Wohnungen gewährt, Kinder zeigen stolz bunte Zeichnungen. Ein Mädchen berichtet von lauter Einsern in der dritten Klasse und vom Wunsch Architektin werden zu wollen. Bei Tee und Süßigkeiten im Gemeinschaftsraum tritt ein junger Bursch heran und erzählt in bestem Hochdeutsch, dass er gerne eine Lehre als Maschinenbauer finden würde.
Unternehmer seien wegen der Fülle an negativen Asylbescheiden immer zu- rückhaltender, beklagt Anschober. „Nicht Geld, sondern Ausbildung ist das Wichtigste, wenn die Jungen zurückkehren. Die Leute haben alles verloren. Wir brauchen gut ausgebildete junge Menschen“, unterstützt die Botschafterin Anschobers Initiative für Asylwerber in Lehre. In Englisch und Deutsch bedankt sich die Diplomatin für die gute Betreuung ihrer Landsleute, die afghanische Regierung werde alles für eine Wende im Land tun, sagt sie.
Über 3000 Zivil-Tote
In ihrer Paschtu hält Muttersprache sie dann eine aufmunternde Rede. Zur heftig diskutierten Frage ob die Lage in ihrem Land Rückweisungen von Flüchtlingen zulässt, hat Ebrahimkhel eine klare Antwort: „Nein, Afghanistan ist nicht sicher und jeder weiß das.“
Bei einer abendlichen Afghanistan-Enquete in Linz ver- trat die Botschafterin diese Position einmal mehr vor den rund 270 Teilnehmern. Vor Ort war auch Österreichs UNHCR-Leiter Christoph Pinter. Jüngster ernüchternder Befund des UNHCR: 2017 starben in Afghanistan bei Anschlägen 3438 Zivilisten, über 7000 wurden verletzt.