Merkel und Putin: Weiße Rosen am Schwarzen Meer
Iran – Syrien. Die Kanzlerin setzt auf Russland
Sonne, Strand, subtropische Temperaturen – Sotschi, Putins Sommerspot, hat einiges zu bieten. Nicht unbedingt für die deutsche Kanzlerin. Mit ihren Dienstreisen ans Schwarze Meer verbindet Angela Merkel wohl keine guten Erinnerungen. 2007 ließ Putin seinen Labrador um die hundescheue Kanzlerin kreisen. Und vor einem Jahr war die Stimmung so unterkühlt, Merkels Gesicht wirkte wie eingefroren. Seit Russlands Annexion der Krim, die Deutschland als völkerrechtswidrig einstuft, ist es um die deutsch-russischen Beziehungen schlecht bestellt. Hackerangriffe auf das Außenamt, der Fall Skripal und der russische Militäreinsatz in Syrien entfremdeten.
Trump verbindet
Doch gestern kam er ihr mit einem Strauß Rosen entgegen. Denn trotz der Konflikte gibt es noch drängendere Fragen, die beide näher zusammenrücken lassen könnte: eine Lösung mit dem Iran. Merkel und Putin wollen nach Trumps Ausstieg an dem Abkommen festhalten.
Vor der Presse in Sotschi rief Merkel den Iran auf, sich dazu zu bekennen. Aber sie weiß auch, dass nur der Mann neben ihr den guten Draht zu Teheran hat und einwirken kann. Genauso wie im Syrien-Konflikt. Wenn es darum geht, dass syrische Flüchtlinge bei ihrer Rückkehr nicht enteignet werden, müsse Russland Einfluss auf seinen Verbündeten Assad nehmen. Nicht nur deswegen setzt sie nun auf gute Beziehungen. Es gibt noch ein anderes Projekt, das verbindet: Die Gaspipeline Nord Stream 2, die durch die Ostsee laufen soll. Die Ukraine, die bisher als wichtiges Transitland galt, sowie die EU sind dagegen. Beim Vier-Augen-Gespräch verständigte man sich, dass die Transit-Rolle weiter bestehen müsse. Putin: „Die Lieferungen werden fortgesetzt, wenn dies wirtschaftlich begründet und sinnvoll ist für alle Beteiligten“. Zudem einigten sie sich auf eine Blauhelmmission in der Ostukraine.
So frostig die bisherigen Besuche waren, Merkel zeigte sich gestern zufrieden: „Wir haben ein strategisches Interesse daran, gute Beziehungen zu Russland zu haben“. Auch Putin sprach sich für einen engen Dialog aus – selbst wenn es „verschiedene Einschätzungen der einen oder anderen Situation auf der Welt“gibt. Und die offenbarten sich gestern ebenfalls, trotz neuer Freundlichkeit.
Etwa bei der Pressefreiheit: Merkel sei „durchaus beunruhigt“über die Behinderung der Arbeit von Journalisten in Russland. Davon war zuletzt ein ARD-Journalist betroffen, der zur WM einreisen darf, aber von der Justiz vernommen werden soll. Andere Ansichten gibt es auch beim Giftgasanschlag auf den russischen Ex-Doppelagenten Skripal, der gestern aus dem Spital kam. Putin wies Vorwürfe zurück, wonach das Gift ein Sowjet-Kampfstoff sei („Dann wäre er sofort gestorben“).