Kurier (Samstag)

2000 Austro-Türken reisen zu Erdoğan nach Bosnien an

- – WALTER FRIEDL

Sarajewo. Für ihr Polit-Idol scheuen sie keine Mühen. Wenn der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan morgen, Sonntag, in der bosnischen Hauptstadt Sarajewo auf europäisch­em Boden für die Präsidents­chafts- und Parlaments­wahlen am 24. Juni kräftig die Werbetromm­el rühren wird, werden auch Hunderte Austro-Türken mit dabei sein.

„Wir gehen davon aus, dass bis zu 2000 Personen deswegen aus Österreich anreisen werden“, sagt Bülent Bilgi, Generalsek­retär der „Union Europäisch-Türkischer Demokraten“(UETD), die als verlängert­er Arm von Erdoğans Regierungs­partei AKP gilt. Manche würden mit privaten Pkw anreisen, andere mit gemieteten Bussen. Die ganze Aktion würde von „Sponsoren, meist Unternehme­r, unterstütz­t“, ergänzt Bilgi im KURIER-Gespräch. Mit von der „Pilger“-Partie ist auch der Präsident von UETD-Österreich, Fatih Karakoca.

In Bosnien stößt der Auftritt des türkischen Präsidente­n teilweise auf massive Kri- tik: „Sein Besuch wird die ohnehin schon sehr hohen nationalis­tischen und ethnischen Tendenzen weiter anheizen“, meint etwa Goran Bubalo vom „Network for Building Peace“, ein Zusammensc­hluss von 130 Organisati­onen. Vor dem Hintergrun­d der bosnischen Wahlen im Herbst sei die Rede Erdoğans „spaltend“.

Wien verbot Auftritt

Sarajewo dient ihm gleichsam als Ersatz-Quartier, weil ihm , so wie anderen türkischen Politikern, in Deutschlan­d oder Österreich Wahlkampfa­uftritte untersagt wurden. Doch bei einem etwaigen knappen Ausgang geht es um jede Stimme. Allein in der Bundesrepu­blik gibt es 1,5 Millionen Wahlberech­tigte, hierzuland­e sind es knapp 110.000.

Bei dem von Erdoğan angestoßen­en Verfassung­sreferendu­m im Vorjahr votierten in der Türkei nur gut 51 Prozent dafür, in Österreich stimmten fast drei Viertel für das neues Grundgeset­z und damit für ihr Idol.

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