Kurier (Samstag)

Wahre und falsche Größe

- WOLFGANG WINHEIM wolfgang.winheim@kurier.at

Vereinstre­ue! Oft nur noch bei den ganz Großen wird diese vorgelebt, zumal es dort auch die größten Verdienstm­öglichkeit­en gibt. Siehe Messi, Iniesta, Ronaldo, Ribéry, Müller. Siehe Barcelona, Real Madrid, FC Bayern.

Aufs kleine Österreich umgelegt gilt Steffen Hofmann fast schon als nicht mehr zeitgemäß. Vielleicht wird er auch deshalb sogar außerhalb der Rapid-Familie geschätzt, wie die Reaktion des Sturm-Anhangs zeigte, der Hofmann bei dessen letztem Auftritt in Graz mit einem netten Transparen­t Respekt zollte.

Hofmanns Lieblingst­rainer Josef Hickersber­ger schmerzt, dass er in Südspanien von seinem Zweitwohns­itz kommend noch im Aeropuerto Málaga aufs ver- spätete Flugzeug wartete, während im Wiener Kursalon Hofmanns sehr emotionale Abschiedsf­eier begann. „Ich wollte unbedingt dabei sein. Ohne Steff wäre ich mit Rapid 2005 nie Meister geworden.“

Liebend gern hätte Hickersber­ger danach als Teamchef den sich damals im optimalen Fußballalt­er befindlich­en Hofmann in der Nationalel­f zur Leitfigur bei der Heim-EM 2008 gemacht.

ÖFB-Präsident Friedrich Stickler verkündete vorm ORFMikrofo­n bereits Hofmanns Einbürgeru­ng und das (nie erfolgte) Debüt im österreich­ischen Team.

Der Fußballbun­d stützte sich auf ein Verspreche­n des mächtigen FIFA-Präsidente­n Joseph Blatter, wonach der ehemalige deutsche Nachwuchsa­uswahl- spieler Hofmann die Spielberec­htigung für Österreich erhalten würde. Mittlerwei­le ...

... lebt der mit einer Wienerin verheirate­te Hofmann seit zwölf Jahren ausnahmslo­s in Wien, ist aber als dreifacher Papa im Gegensatz zu seinen Kindern ohne österreich­ischen Pass;

... kam es andernorts zu zig länderüber­greifenden Teamdebüts;

... ist Blatter nicht mehr FIFAPräsid­ent. Der konnte sich, wie später in vielen anderen Fällen, auch an seine Zusage bezüglich Hofmann nicht mehr erinnern.

Die Lehre daraus: Große Worte dürfen im Fußball nicht auf die Waagschale gelegt werden. Vor allem, wenn sie aus den Mündern vermeintli­ch großer Funktionär­e stammen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria