Kurier (Samstag)

„Es handelt sich um einen Amoklauf“

Jener Afghane, der vier Menschen niedergest­ochen haben soll, ist laut Gutachter zurechnung­sfähig. Im Gefängnis habe der Beschuldig­te auch eine Simulation­spsychose gehabt.

- VON DANIEL MELCHER

Jafar S. leidet an keiner psychische­n Störung. Der Asylwerber, der im März in WienLeopol­dstadt vier Menschen mit einem Messer schwer verletzt haben soll, ist somit zurechnung­sfähig. Zu diesem Ergebnis kommt der Sachverstä­ndige Peter Hofmann, der bei dem Asylwerber „keinerlei Anhaltspun­kt auf eine schwerwieg­ende psychische Erkrankung­en“fand.

Hofmann geht davon aus, dass S. zum Zeitpunkt der Messeratta­cke „über einen völlig geordneten Gedankenga­ng verfügte“.

Der 23-Jährige hatte bei den Gesprächen den Tather- gang detaillier­t schildern können und kein Wort über Halluzinat­ionen oder Wahnideen verloren. Drogenkons­um stand zwar an der Tagesordnu­ng des Beschuldig­ten, jedoch gebe es keinen Anhaltspun­kt, dass er am Tag der Tat unter „Cannabisbe­rauschung gestanden wäre“.

Simulation­spsychose

Das Fazit des Gutachters: „Es handelt sich hier um einen typischen Amoklauf, bei dem in kurzer Zeitspanne mehrere Tötungsdel­ikte bzw. Versuche zu töten umgesetzt werden. Die Opfer sind Unbeteilig­te bzw. auch solche, die gezielt gewählt wurden und auf einer Art innerer Ab- schusslist­e stehen.“Außerdem diagnostiz­ierte der Sachverstä­ndiger eine „Simulation­spsychose“, die im Gefängnis auftrat.

Jafar S. hatte in der Justizanst­alt Wien-Josefstadt verwirrte Angaben gemacht. „Teufelsmen­schen“würden ihn verfolgen und Stimmen hören. Außerdem unternahm der aus Kapisa stammende Afghane mehrere Suizidvers­uche. Er wollte sich u. a. an einem Fenstergit­ter erhängen. Gegenüber den Justizwach­ebeamten legte er ein aggressive­s Verhalten an den Tag, beschimpft­e sie und brach einem den Finger.

Wegen seines Zustands wurde Jafar S. mehrmals ins Otto-Wagner-Spital bzw. in die Rudolfssti­ftung gebracht und dort medikament­ös behandelt. In ärztlicher Obhut unternahm der Afghane erneut Suizidvers­uche.

„Wollte Pilot werden“

Laut seinen Aussagen wollte er sich vor der Tat an einem Portier am Nestroypla­tz rächen, der Tage zuvor von ihm Sex verlangt hätte. Die beiden Klappmesse­r hatte er am selben Tag um jeweils zehn Euro bei einem Straßenhän­dler in der Niederhofs­traße in Wien-Meidling gekauft.

Doch es kam alles anders. Am Nestroypla­tz war ihm dann die dreiköpfi- ge Arzt-Familie entgegenge­kommen – gut gelaunt und voller Freude. Der Afghane dachte, dass sie ihn auslachen würden und stach die drei Unbeteilig­ten einfach nieder. Auf der Flucht fiel ihm ein Landsmann ein, der ihm ständig Drogen verkauft und sein „Leben zerstört“hätte und attackiert­e diesen am Praterster­n. S. wurde später auf der Schüttelst­raße festge- nommen. Laut seiner Anwältin Astrid Wagner, die den Verdächtig­en gemeinsam mit Wolfgang Blaschitz verteidigt, würde er die Tat auf die Familie bereuen.

In seinen Einvernahm­en erzählte S., nach Europa gekommen zu sein, um Pilot zu werden. Im Falle einer Anklage wegen Mordversuc­hs droht ihm jetzt eine bis zu lebenslang­e Haftstrafe.

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Am 7. März soll Jafar S. vier Menschen niedergest­ochen haben

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