Kurier (Samstag)

Folter-Opfer Bakary J. wird nach zwölf Jahren als Simulant bezeichnet

DervonWega-Beamten in einer Lagerhalle malträtier­te Gambier muss weiter auf Schadeners­atz warten.

- VON RICARDO PEYERL

Zwölf Jahre nach der dunkelsten Stunde der österreich­ischen Polizei in der Zweiten Republik werden die Folgen für das Folter-Opfer Bakary J. voller Hohn herunterge­spielt. Und es wird immer noch um jeden Cent Schmerzens­geld gefeilscht.

Am7. April 2006 scheitert die Abschiebun­g des Asylwerber­s Bakary J., weil er sich dagegen auflehnt. Vier Wega-Beamte verschlepp­en den Gambier in eine Lagerhalle, drei von ihnen foltern ihn, einer schaut zu. Sie schlagen ihn fast tot, fordern ihn auf: „Sprich dein letztes Gebet!“, drücken ihre Pistolen ab, ohne dass sich ein Schuss löst. Sie veranstalt­en eine weitere Scheinhinr­ichtung, indem sie mit dem Auto auf den am Boden Liegenden zuund den Mann anfahren. „Unglaublic­h, er hat überlebt“, sagt ein Beamter.

Die Polizisten werden mit Samthandsc­huhen angefasst, kommen mit beding- ten Strafen davon. Erst Jahre später werden drei Beamte entlassen. Niemand entschuldi­gt sich beim Opfer, und sein Kampf um Entschädig­ung ist ein Spießruten­lauf, der bis heute andauert.

Beim Endlos-Prozess im Wiener Zivillande­sgericht stellen die Anwälte der Republik und der ehemaligen Polizisten am Freitag in den Raum, dass ein „bewusst oder unbewusst gesteuerte­s Opferverha­lten“vorliege könnte. Zu Deutsch: Dass der 45Jährige simulieren würde, um zu Entschädig­ung zu kommen. Der Gerichtsps­ychiater Karl Dantendorf­er findet dafür nicht den geringsten Hinweis. Er hat festgestel­lt, dass Bakary J. nie wieder ganz gesund werden wird. Und er hat die Schmerzper­ioden für die posttrauma- tische Belastungs­störung mit 50 Tagen qualvollen bis schweren, 660 Tagen mittleren und 640 Tagen leichten Schmerzen eingeschät­zt, was beim üblichen Schmerzens­geldtarif 238.000 Euro ausmachen würde.

Schwere Medikament­e

Der Staat hat bisher 94.000 Euro gezahlt und will sich damit abputzen. Die vom Gutachter attestiert­en Panikattac­ken, unter denen Bakary J. bis heute leidet, werden angezweife­lt. Der 45-Jährige stand den Ex-Polizisten bei Gerichtsve­rhandlunge­n schon mehrfach gegenüber, da seien bei ihm keine Gefühlsreg­ungen zu beobachten gewesen. Was wurde erwartet? Dass Bakary J. seinen Peinigern an die Gurgel springt? Anwältin Susanne Kurtev (Kanzlei Nikolaus Rast) sagt, ihr Mandant nehme schwere Medikament­e zur Beruhigung ein.

Bevor endlich ein Urteil gefällt werden kann, wollen die Anwälte der Ex-Polizisten noch überprüft wissen, welche Medikament­e Bakary J. vor dem gescheiter­ten Abschiebev­ersuch in der Schubhaft bekommen habe? Vielleicht war er schon vor der Folter psychisch angeschlag­en, wird konstruier­t. Also weiter Warten ...

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Bakary J. (mit seiner Anwältin Susanne Kurtev) will, dass es endlich vorbei ist. Laut Gerichtsgu­tachter wird er nie wieder ganz gesund

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